BEICHTE

 

„Weil die Absolution oder Kraft des Schlüssels auch eine Hilfe und Trost wider die Sünde und das böse Gewissen ist, im Evangelium durch Christus gestiftet, so soll man die Beichte oder Absolution beileibe nicht abkommen lassen in der Kirche, besonders um der blöden Gewissen willen, und auch um des jungen, rohen Volkes willen, damit es verhört und unterrichtet werde in der christlichen Lehre. Die Aufzählung der Sünden aber soll einem jeden frei sein, was er erzählen oder nicht erzählen will; denn solange wir im Fleisch sind, werden wir nicht lügen, wenn wir sagen: „Ich bin ein armer Mensch voller Sünde“, Röm 7,23: „Ich fühle ein anderes Gesetz in meinen Gliedern“ etc.; denn weil die Privat-Absolution von dem Amt der Schlüssel herkommt, soll man sie nicht verachten, sondern hoch und wert halten wie alle anderen Ämter der christlichen Kirche.“ (Martin Luther)

 

„Bekennet einer dem andern seine Sünden“ (Jak. 5,16). Wer mit seinem Bösen allein bleibt, der bleibt ganz allein. Es kann sein, dass Christen trotz gemeinsamer Andacht, gemeinsamen Gebetes, trotz aller Gemeinschaft im Dienst allein gelassen bleiben, dass der letzte Durchbruch zur Gemeinschaft nicht erfolgt, weil sie zwar als Gläubige, als Fromme Gemeinschaft miteinander haben, aber nicht als die Unfrommen, als die Sünder (…). Aller Schein hatte vor Christus ein Ende. Das Elend des Sünders und die Barmherzigkeit Gottes, das war die Wahrheit des Evangeliums in Jesus Christus. In dieser Wahrheit sollte seine Gemeinde leben. Darum gab er den Seinen die Vollmacht, das Bekenntnis der Sünde zu hören und die Sünde in seinem Namen zu vergeben. „Welchen ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben, welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten“ (Joh. 20,23). Damit hat Christus uns die Gemeinde und in ihr den Bruder zur Gnade gemacht. Er steht nun an Christi Statt. Vor ihm brauche ich nicht mehr zu heucheln. Vor ihm allein in der ganzen Welt darf ich der Sünder sein, der ich bin; denn hier regiert die Wahrheit Jesu Christi und seine Barmherzigkeit. Christus wurde unser Bruder, um uns zu helfen; nun ist durch ihn unser Bruder für uns zum Christus geworden in der Vollmacht seines Auftrages. Der Bruder steht vor uns als das Zeichen der Wahrheit und der Gnade Gottes. Er ist uns zur Hilfe gegeben. Er hört unser Sündenbekenntnis an Christi Statt, und er vergibt uns unsere Sünde an Christi Statt. Er bewahrt das Geheimnis unserer Beichte, wie Gott es bewahrt. Gehe ich zur brüderlichen Beichte, so gehe ich zu Gott (…). Die ausgesprochene, bekannte Sünde hat alle Macht verloren. Sie ist als Sünde offenbar geworden und gerichtet. Sie vermag die Gemeinschaft nicht mehr zu zerreißen. Nun trägt die Gemeinschaft die Sünde des Bruders. Er ist mit seinem Bösen nicht mehr allein, sondern er hat sein Böses mit der Beichte „abgelegt“, Gott hingegeben. Es ist ihm abgenommen. Nun steht er in der Gemeinschaft der Sünder, die von der Gnade Gottes im Kreuze Jesu Christi leben. Nun darf er Sünder sein und doch der Gnade Gottes froh werden (…). Die Beichte steht in der Freiheit des Christen. Aber wer wird eine Hilfe, die Gott anzubieten für nötig gehalten hat, ohne Schaden ausschlagen? (…) Wer kann unsere Beichte hören? Wer selbst unter dem Kreuz lebt. Wo das Wort vom Gekreuzigten lebendig ist, dort wird auch brüderliche Beichte sein.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Mancher wird sich einst wundern, wenn ihm der liebe Gott alle die Sonntage vorrechnen wird, an welchen er ihn hat absolvieren wollen, und er hat es nicht geglaubt, hat Gott zum Lügner gemacht; wie oft er an des Himmels Tor gestanden hat, und er hat nicht hineingehen wollen. – „Wer’s nicht annimmt, der hat freilich nichts; der Schlüssel fehlet darum nicht. Viel gläuben dem Evangelio nicht, aber das Evangelium fehlet und lüget darum nicht. Ein König gibt dir ein Schloss; nimmst du es nicht an, so hat der König darum nicht gelogen, noch gefehlet, sondern du hast dich betrogen und ist deine Schuld, der König hat’s gewiss gegeben.“ – Das müssen Sie anwenden auf die Absolution. Da gibt Gott allen Vergebung. Und die Sünde ist dir wirklich vergeben, wenn du es auch nicht glaubst, sondern im Unglauben dich herumdrehst und denkst: „Was kann mir der elende Mensch vergeben?“ Ach du armer Mensch! Der vergibt dir ja die Sünden nicht, sondern Gott selbst tut es. Der Prediger kann selbst ein Kind der Hölle sein, und deine Sünden werden dir durch die von ihm gesprochene Absolution doch vergeben. Warum? Weil er es in Gottes Namen und in Gottes Auftrag tut. So hat oft ein König einen gottlosen Diener geschickt, und die Befehle, die durch ihn an die Untertanen ergingen, waren doch ebenso gültig, als wenn der König sie selbst erteilt hätte mit seinem eigenen Munde.“ (C. F. W. Walther)

 

„Gerechter Gott, barmherziger Vater, ich elender und unwürdiger Mensch bekenne, dass ich nicht allein in Sünden empfangen und geboren bin, sondern auch meine ganze Lebenszeit, von meiner frühesten Kindheit an bis auf die gegenwärtige Stunde, in vielen und schweren Sünden zugebracht habe. Denn ich habe nicht dich, meinen Herrn und Gott, von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüte geliebt und gefürchtet, habe auch nicht auf dich über alles vertraut, deinen heiligen Namen nicht von ganzem Herzen angerufen und gelobt, sondern denselben zum Fluchen, Schwören, Lügen und Trügen missbraucht. Die Predigt deines heiligen Wortes habe ich öfters versäumt, verachtet, und nach derselben sehr wenig mein Leben eingerichtet und gebessert. Meinen liebsten Eltern und meinen Vorgesetzten bin ich ungehorsam gewesen; dazu habe ich meinen Nächsten nicht geliebt, wie mich selbst; sondern habe ihn gehasst, verachtet, geärgert, bin ihm selbst zum Schaden gewesen, und habe zugelassen, dass ihm andere Schaden zufügten. In Worten und Werken war ich leichtsinnig und schmutzig; in meinen täglichen Geschäften und Handlungen gebrauchte ich mancherlei Unredlichkeiten wider die Nächstenliebe; ich habe auch meinen Nächsten fälschlich belogen, verraten, ihm afterredet und bösen Leumund gemacht. In Summa, ich bin in bösen Dingen verstrickt gewesen, und habe mich noch daran ergötzt. Ich bin hochmütig, geizig, wollüstig, jähzornig, verschwenderisch, neidisch und träg gewesen; überdies habe ich meinen Nächsten zum Sündigen gereizt und unterstützt; und so habe ich meinen heiligsten Taufbund übertreten. Und was ich jemals wider dich gesündigt habe, mit Worten, oder Werken, oder Gedanken, öffentlich oder heimlich, auch alle meine unbekannten und verborgenen Vergehungen, deren du, o Herzenskündiger, mich schuldig erkennst, besser, als ich mir selbst bewusst bin; diese alle bekenne ich mit zerknirschtem und gebeugtem Herzen; ja, ich bin ein unnützer Knecht, und habe gesündigt in den Himmel, und vor dir, und bin nicht mehr wert, dein Sohn zu heißen, oder meine Augen zu dir aufzuheben! Denn ich habe dich mit vielen und sehr schweren Sünden stark beleidigt; ich habe meine arme Seele und mein Gewissen übermäßig mit begangenen Ungerechtigkeiten beschwert, die mich drücken, und mir wie eine schwere Last zu schwer geworden sind. Daher komme ich jetzt, da ich noch Gnade und Erbarmung finden kann, zu dir, und appelliere von deiner strengen Gerechtigkeit an deine grenzenlose Barmherzigkeit. O Herr, Gott, sei mir armen Sünder gnädig, vergib mir meine Sünden, nimm zu deren Bezahlung an, ich bitte dich, das unschuldige Sterben Jesu Christi, deines lieben Sohnes, und verleihe mir Besserung meines Lebens! Amen.“ (Johann Habermann)