Auferstehung meint mehr als nur die Wiederbelebung eines Verstorbenen. Sie lässt ihn nicht in sein altes, vergängliches Leben zurückkehren, sondern ist in dreifachem Sinne als „Aufhebung“ zu verstehen. Das Leben wird (1.) „aufgehoben“ im Sinne von „abgeschlossen, beendet, nicht fortgesetzt“, (2.) im Sinne von „bewahrt, geschützt, nicht preisgegeben“ und (3.) im Sinne von „hinaufgehoben auf ein höheres Niveau“. Alle drei Aspekte sind zu beachten, wenn man von Jesu Auferstehung spricht. Sie werden aber genauso unsere eigene Auferstehung prägen.
Was unterscheidet Auferstehung von „Wiederbelebung“?
Bei der Auferstehung Jesu hat es keine unmittelbaren Zuschauer gegeben, die anschaulich schildern könnten, wie Auferstehung vor sich geht. Doch lassen die Berichte des Neuen Testaments keinen Zweifel daran, dass Auferstehung mehr meint als nur die Wiederbelebung eines Leichnams. Auferstehung hat mindestens dreifachen Sinn. Und dieser Sinn deckt sich ziemlich genau mit dem des Wortes „aufheben“, so dass man sich an dessen dreifacher Bedeutung gut klar machen kann, was unter der Auferstehung Jesu Christi (und dann auch ganz entsprechend unter der Auferstehung eines Christen) zu verstehen ist:
Der dreifache Sinn des Wortes „aufheben“
1. Das lästige Verbot wurde endlich aufgehoben... ( = etwas ist abgeschlossen und beendet, es wird nicht fortgesetzt )
2. Sie hat in ihrem Schrank alles aufgehoben, was noch brauchbar schien... ( = etwas wird bewahrt, geschützt und nicht preisgegeben )
3. Er bückte sich hinab, um aufzuheben, was heruntergefallen war... ( = etwas wird hinaufgehoben auf ein anderes Niveau )
Der dreifache Sinn der Auferstehung Jesu
1. Das Leben Jesu wird „aufgehoben“ im Sinne von: „abgeschlossen, beendet, nicht fortgesetzt“. Die irdisch-leibhaftige Gemeinschaft mit den Jüngern endet. Die Wanderschaft und das Predigen, das Ringen mit dem Unverständnis der Jünger, der Streit mit den Pharisäern und Schriftgelehrten und der Leidensweg Jesu enden. Was bis dahin galt, wird außer Kraft gesetzt. Etwas radikal Neues beginnt.
2. Das Leben Jesu wird „aufgehoben“ im Sinne von: „bewahrt, geschützt, nicht preisgegeben“. Was die Gegner Jesu auslöschen und vernichten wollten, wird von Gott wiederhergestellt. Was sie aus der Welt schaffen wollten, kehrt überraschend zurück. Was Jesus sagte, wird dadurch bestätigt; was er angekündigt hat, wird erfüllt; was er gesammelt hat, bleibt bewahrt. Denn indem Gott seinen Sohn auferweckt, bekennt er sich zu ihm, stellt sich ihm zur Seite, bekräftigt Jesu Anspruch und lässt nichts von dem verlorengehen, was das Leben Jesu ausgemacht hat.
3. Das Leben Jesu wird „aufgehoben“ im Sinne von: „hinaufgehoben auf ein anderes Niveau“. Die Auferstehung ist für Jesus nicht die Rückkehr in das alte Leben, sondern ist der Beginn eines neuen Lebens von anderer, von gesteigerter Qualität: Der Auferstandene ist nämlich nicht mehr in menschlicher Schwäche den Händen seiner Feinde ausgeliefert, sondern ist von Gott erhöht worden über alle Mächte und Gewalten. Den, den Menschen in den Dreck traten, hat Gott hoch erhoben und über uns zum König eingesetzt. Er „sitzt zur Rechten Gottes“. Und von dort wird er einst wiederkehren in Herrlichkeit, „um zu richten die Lebenden und die Toten.“
Der dreifache Sinn unserer Auferstehung
1. Unser Leben wird „aufgehoben“ im Sinne von: „abgeschlossen, beendet, nicht fortgesetzt“. Das menschliche Leben ist für gewöhnlich keine „Erfolgsstory“. Es ist geprägt von mancherlei Versäumnissen und Fehlentscheidungen. Denn der gute Wille des Menschen (auch des Christen) stößt immer wieder an Grenzen. Der „alte Adam“, die Sündernatur, klebt förmlich an uns. Sie kann nie ganz abgeschüttelt werden, wie lange wir auch leben. Und darum ist es gut, dass wir irgendwann sterben. Denn durch den Tod und die Auferstehung wird endlich von uns abgestreift, was nicht richtig war. Unser Leben, soweit es falsch und verkehrt war, wird dabei „aufgehoben“ im Sinne von „außer Kraft gesetzt“. Es kann und soll nicht verewigt werden. Es muss und darf ein Ende haben.
2. Unser Leben wird „aufgehoben“ im Sinne von: „bewahrt, geschützt, nicht preisgegeben“. Unser Erdenleben endet. Aber damit ist noch längst nicht „alles aus“. Denn wozu sonst hätte sich Jesus die Mühe gemacht, für uns zu sterben? Er hat uns freigekauft, damit wir nicht verlorengehen. Er liebt uns. Und das heißt: Er wird uns durch den Tod hindurch bewahren und wird uns ein neues Leben geben. Wie dieses neue Leben aussieht, wissen wir nicht genau. Aber was gut war an unserem alten Leben, und was uns als Person ausgemacht hat, das wird auch im neuen Leben enthalten sein. Mit allen Christen gemeinsam sind wir in Gottes Hand gut und sicher „aufgehoben“.
3. Unser Leben wird „aufgehoben“ im Sinne von: „hinaufgehoben auf ein anderes Niveau“. Das Leben nach der Auferstehung wird nicht einfach eine „Neuauflage“ des alten sein. Denn wozu sollte diese Geschichte voller Blut, Schweiß und Tränen noch mal beginnen? Nein! Die Auferstehung wird uns nicht wiederherstellen, wie wir einst waren. Sondern sie wird uns in den Menschen verwandeln, der wir schon immer sein sollten. In unserem Erdenleben verfehlen wir unsere Bestimmung, Gottes Ebenbilder zu sein. Die Auferstehung aber vollendet uns und verwirklicht dieses höchste Ziel, indem sie uns reinigt und erneuert: Wir werden dann ganz ohne Schuld und ohne Scham Gott von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten können und werden in einer frohen Gemeinschaft mit ihm leben, die keine Störung und kein Ende kennt.