BETEN

 

„Beten heißt nicht, wenn der Mund viel Worte macht ohne Verstand und Gedanken, … sondern wenn die Seele oder das Herz sich erhebet zum Herrn, Ps. 25. 86. 143, hinzutritt zu dem Gnadenstuhl, Hebr. 5, Gott, der gegenwärtig ist und höret, in kindlicher Demut und herzlicher Andacht anspricht, Gal. 4, unsere Not ihm auf seinen Befehl und Verheißung vorträgt, Barmherzigkeit, Gnade und Hilfe in wahrem Glauben durch Christum zu dem, was ihm löblich, uns nütz, nötig und seliglich ist, bittet, Hebr. 5. Joh. 16, oder für empfangene Wohltat ihm dankt, seinen Namen lobet und preiset. 1 Tim. 2. 1 Kor. 14.“ (Martin Chemnitz)

 

„Keine Sorge, aber ganz Gebet. Keine Angst, aber viel freudige Gemeinschaft mit Gott. Tragt eure Wünsche dem Herrn eures Lebens, dem Hüter eurer Seele, vor. Geht zu ihm mit zwei Teilen Gebet und einem Teil Preis und Lob. Betet nicht voll Zweifel, sondern voll Dank. Bedenkt, dass eure Bitten schon gewährt sind, und dankt deshalb Gott für seine Gnade. Er gibt euch Gnade, gebt ihm Dank. Verberget nichts. Gestattet keinem Wunsche, schwärend in euerm Busen zu liegen; „lasst eure Bitte kund werden.“ Lauft nicht zu Menschen. Geht nur zu eurem Gott, dem Vater Jesu, der euch in ihm liebt. Dies wird euch Gottes Frieden bringen. Ihr werdet nicht im Stande sein, den Frieden zu verstehen, den ihr genießen werdet. Er wird euch in seine unendliche Umarmung einschließen. Herzen und Sinne sollen durch Christum Jesum in ein Meer der Ruhe versenkt werden. Es komme Leben oder Tod, Armut, Schmerz, Verleumdung, ihr sollt in Jesu wohnen hoch über jedem rauen Winde und jeder dunkeln Wolke.“ (Charles H. Spurgeon)

 

„Das Gebet ist eine Bitte an Gott, dass er, um des im wahren Glauben ergriffenen Mittlers Christi willen, notwendige Güter geben wolle; welche Bitte aber nicht bloß mit dem Munde, sondern mit dem Herzen geschehen muss.“ (Leonhard Hutter)

 

„Was gehört zu einem solchen Gebet, das Gott gefällt und von ihm erhört wird? Erstens, dass wir allein den einzigen, wahren Gott, der sich uns in seinem Wort geoffenbart hat, um alles, was er uns zu bitten befohlen hat, von Herzen anrufen; zum anderen, dass wir unsere Not und unser Elend recht gründlich erkennen, um uns vor dem Angesicht seiner Majestät zu demütigen; zum dritten, dass wir diesen festen Grund haben, dass er unser Gebet, unbeachtet dessen, dass wir unwürdig sind, doch um des Herrn Christi willen sicher erhören will, wie er uns in seinem Wort verheißen hat.“ (Heidelberger Katechismus)

 

„Ewiger, barmherziger Gott, da wir nicht wissen, was und wie viel wir beten sollen, wie sich’s gebührt, du aber mit unbegrenzter und überschwänglicher Fülle alles tun kannst, über das, was wir mit dem Verstande fassen oder bitten können: so rufe ich zu dir: gieße aus über uns, nach deiner Verheißung, den Geist der Gnade und des Gebets, der uns vertrete mit unaussprechlichem Seufzen, dass wir dich mit Herz und Mund demütig, ernstlich und inbrünstig anrufen, und dir ein angenehmes Lobopfer darbringen mögen. Herr, öffne meine Lippen, dass mein Mund dein Lob verkündige! Ermuntere mein Gemüt und meine Seele, dass ich nicht bloß mit meinem Munde zu dir nahe, und dich nur mit meinen Lippen ehre, das Herz aber ferne von dir sei; sondern verleihe aus Gnaden, dass ich dich, wie die wahren Anbeter, im Geist und in der Wahrheit anbete, mit innigster Andacht des Herzens, ohne Heuchelei und Hochmut, und dass ich nichts von dir bitte, als was deinem göttlichen Willen, deinem Lob und deiner Ehre, und auch dem Heile meiner Seele gemäß ist. Gib auch, dass ich alles, was ich von dir bitte, mit festem Vertrauen und gewisser Zuversicht von deiner Gnade ungezweifelt zu erlangen hoffe, und dir nicht Zeit, Art oder Grenzen der Hilfe und Erhörung vorschreibe, sondern deinem gnädigen Willen, der immer der beste ist, in allen Dingen mich gänzlich mit standhafter Hoffnung und Geduld in Demut des Herzens unterwerfe! Dazu verleihe uns Gnade, dass wir nicht mit unserm Gebete vor dir liegen auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit und im Namen Jesu Christi deines Sohnes, durch welchen wir mit Vertrauen hinzutreten zu dem Throne der Gnade, und mit kindlichen Herzen rufen: Abba, lieber Vater! Gib uns Stärke, dass wir nicht durch unser unwürdiges Leben im Gebete träge werden, noch uns davon abschrecken lassen! Stehe uns also bei, gütigster Gott, dass wir allenthalben heilige Hände aufheben, ohne Zorn und Zweifel, und anhaltend bei uns geschehen Bitten, Gebete, Fürbitten und Danksagungen für alle Menschen, dass wir nach deinen gnädigen Verheißungen sowohl leibliche, als himmlische Güter empfangen mögen! Amen.“ (Johann Habermann)

 

„Unser Elend und Gottes Erbarmen sind zwei Flügel, auf denen sich unser Gebet zum Himmel emporschwingt. Bedenken wir zuvörderst, wie kurz unser Leben, wie schlüpfrig der Weg, wie ungewiss die Stunde des Todes ist. Bedenken wir, dass wir weinend in dies Leben traten, mit Schmerz darin wandeln, mit Jammer davon scheiden werden. Bedenken wir, mit welchen Bitterkeiten alles, was auch noch so reizend erscheint, untermischt, und wie trügerisch und verdächtig ist, was die Weltliebe gebiert. Denken wir an die unzähligen Übel, welche die Menschheit überhaupt belasten, denken wir an die Gefahren insbesondere, die uns bedroht haben. Erinnern wir uns, wie viele Sünden wir von Jugend auf begangen, wie viele eitle Arbeit wir getan, wie oftmals wir uns vergebens und um nichts abgemüht, was wir gefunden und was wir verloren haben, wo wir liegen und von wo her wir gefallen sind. Was kann uns inständiger zum Gebete auffordern als solche Betrachtung? Aber was mag auch andrerseits uns lieblicher dazu anlocken als das Gedächtnis an die Barmherzigkeit des Schöpfers, die wir immerdar erfahren haben? Bedenken wir, wie viel Gutes er uns gegeben, und aus wie vielem Unglück er uns gerissen hat. Bedenken wir, wie er uns, wenn wir ihn vergaßen, wieder an sich erinnerte, wenn wir von ihm gegangen waren, wieder zu sich rief, wenn wir kamen, gnädig aufnahm; wie er uns vergab, wenn wir Reue zeigten, wie er uns hielt, wenn wir standen, wie er uns aufrichtete, wenn wir fielen, wie er aus unsrer bösen Lust bitteres Leid und aus dem bitteren Leid wiederum himmlischen Trost bereitete. Wahrlich, betrachten wir solches, so muss unser Herz zum Gebet entflammt werden.“ 

Hugo (+1441) 

 

„Keiner achte sein Gebet gering; denn der, zu dem wir beten, achtet es nicht gering. Bevor es noch unserm Mund entströmt, lässt er es schon in sein Buch verzeichnen, und auf eins von beiden können wir sicher hoffen: Entweder wird uns zu Teil, was wir bitten, oder es wird uns etwas Besseres gegeben. So schenkt auch der leibliche Vater dem Kind, das nach Brot verlangt, solches gern; will es aber ein Messer dazu, so widersteht er, und bricht ihm entweder selbst das Brot, oder lässt es ihm von andern brechen, um es der Gefahr und Mühe zu überheben.“ 

Bernhard (+1153)