„Was ist das göttliche Ebenbild gewesen? Dass der Mensch in anerschaffener Weisheit seinen Gott, und was ihm zu wissen nötig wäre, erkennete, und Gutes zu tun sowohl die völligen Kräfte als innerlichen Trieb hätte; daher von Natur gerecht und heilig wäre, deswegen auch in vollkommener Glückseligkeit sein Leben zubrächte, und über diese untere Welt herrschete.“ (Philipp J. Spener)
„Gott schuf einst Adam zu seinem Ebenbild. Gott suchte in Adam als der Vollendung seiner Schöpfung das Wohlgefallen an seinem eigensten Bild, „und siehe, es war sehr gut“. In Adam erkannte Gott sich selbst. So ist es das unauflösliche Geheimnis des Menschen vom Anfang her, dass er Geschöpf ist und doch dem Schöpfer gleich sein soll. Der geschaffene Mensch soll das Bild des ungeschaffenen Gottes tragen. Adam ist „wie Gott“. Nun soll er sein Geheimnis, Geschöpf und doch gottgleich zu sein, dankbar und gehorsam tragen. Es war die Lüge der Schlange, dass sie Adam vorhielt, er müsse erst noch werden wie Gott, und zwar aus eigner Tat und Entscheidung. Da verwarf Adam die Gnade und erwählte die eigne Tat. Adam wollte das Geheimnis seines Wesens, Geschöpf und gottgleich zu sein, selbst lösen. Er wollte von sich aus werden, was er von Gott her schon war. Das war der Sündenfall. Adam wurde „wie Gott“ – sicut deus – in seiner Weise. Er hatte sich selbst zum Gott gemacht und hatte jetzt keinen Gott mehr. Er herrschte allein als Schöpfergott in einer entgotteten, unterworfenen Welt. Aber das Rätsel seines Daseins bleibt ungelöst. Der Mensch hat sein eigenes, gottgleiches Wesen, das er von Gott hatte, verloren. Er lebt nun ohne seine wesentliche Bestimmung, Gottes Ebenbild zu sein. Der Mensch lebt, ohne Mensch zu sein. Er muss leben, ohne leben zu können. Das ist der Widerspruch unseres Daseins und die Quelle aller unserer Not. Seitdem suchen die stolzen Kinder Adams das verlorene Bild Gottes aus eigner Kraft in sich wiederherzustellen. Aber gerade je ernster, je hingebender ihr Streben, das Verlorene wiederzugewinnen, und je überzeugender und stolzer der scheinbare Erfolg, desto tiefer der Widerspruch zu Gott. Ihre Missgestalt, die sie an dem Bild ihres selbsterdachten Gottes prägen, trägt ohne ihr Wissen mehr und mehr das Bild Satans.“ (Dietrich Bonhoeffer)