Mit Spott bringt man Autoritäten auf Distanz. Man macht lächerlich, um nicht ernst nehmen zu müssen. Und so witzelt mancher auch über Gott. Doch der nimmt es keineswegs „mit Humor“. Denn Gott kann im Leben des Menschen ein Gegenstand der Verehrung sein. Oder er kann ein Gegenstand der Belustigung sein. Er kann aber nicht beides zugleich sein. Wovor einer Ehrfurcht hat, darüber lacht er nicht. Und worüber er lacht, davor hat er keine Ehrfurcht. So lachen Gottes Kinder mit dem Vater, aber nicht über ihn. Sie freuen sich am Vater, aber nicht auf seine Kosten. 

Das zweite Gebot

Du sollst Gottes Namen nicht missbrauchen… 

 

Haben Sie Humor? Und lachen Sie gern? Ich kenne niemanden, der das verneinen würde. Denn ohne Heiterkeit wäre das Leben kaum auszuhalten. Ein guter Witz lockert den Alltag auf. Gelächter löst innere Verspannungen. Und weil man bei der Arbeit überwiegend ernst bleiben muss, ist das Fernsehprogramm am Abend voller Klamauk und Komik. Manch einer hat sonst nicht viel zu lachen und ist entsprechend dankbar für eine gute Komödie, für Pannen-Videos oder sonstige Blödeleien! Allerdings (wie man an der politischen Satire und am Kabarett erkennt) ist nicht jeder Spaß harmlos, sondern Humor kann auch eine Waffe sein. Und in diesem Fall bekommt der Scherz eine wichtige Funktion. Denn Humor auf Kosten der Mächtigen holt sie ja ganz bewusst von ihrem Podest herunter. Indem der Kabarettist über Politiker spottet, deckt er auf, wie oft bei ihnen Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Er nutzt seine Narrenfreiheit, um zu zeigen, wie die hohen Herren Versprechungen machen, die sie nicht einhalten. Spöttisch legt er den Finger in die Wunde und offenbart, wie so mancher Politiker vollmundig startet, um bald kleinlaut zu landen. Das Gelächter ist aber um so lauter, je ernster der Betreffende sich selbst nimmt und je feierlicher er auftritt. Denn um so höher der Anspruch, um so größer ist auch die Fallhöhe und die Schadenfreude der Spottenden! Hinter erhabenen Gesten wird in lächerlichem Kontrast eine triviale Realität sichtbar. Man zieht den Herrschenden die Maske herab. Und die versagen zu sehen (die mal gründlich belachen zu können), ist dem „kleinen Mann“ schon deshalb ein Fest, weil es ihm das Gefühl der Unterlegenheit nimmt. Ganz allgemein trösten uns die Blamagen der anderen über die eigenen hinweg. Und wenn wir auf Kosten der Elite lachen dürfen, finden wir‘s auch nicht mehr schlimm, nicht dazuzugehören. Denn Humor nivelliert. Er holt das Erhabene von seinem Podest herab. Er zeigt, dass „die da oben“ „auch nur Menschen“ sind. Und wer über sie lachen kann, hat schon automatisch weniger Angst vor ihnen. Das ist gut so! Und es ist eine wichtige Funktion des Humors, dass er den Aufgeblasenen durch treffsicheren Spott die Luft ablässt und die Überheblichen auf den Teppich holt. Denn jeder dünkelhafte Mensch, der sich selbst zu ernst nimmt, verdient es, durch das Gelächter der anderen davon kuriert zu werden. Wie Heinrich Heine sagt „stecken wir doch alle nackt in unsern Kleidern.“ Und kein Mensch muss vor dem anderen in Ehrfurcht erstarren. Denn jeder von uns ist auf seine ganz eigene Weise lächerlich. Und wenn Humor das sichtbar macht, ist es nur heilsam. Denn Gewöhnliches sollte nicht wie Heiliges behandelt werden. 

Doch gilt eben auch das Umgekehrte. Heiliges sollte nicht wie Gewöhnliches behandelt werden. Und das ist der Punkt, um den es hier geht. Denn wie steht es diesbezüglich mit Gott? Ist auch er ein geeigneter Gegenstand des Humors, über den man mal herzlich lachen kann? Darf man auch über das Heilige Späße machen? Oder ist das durch jenes zweite Gebot ausgeschlossen, das lautet „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ (2. Mose 20,7)? Viele unsrer Zeitgenossen haben da kein Problem und machen sich auch keine Gedanken. Ihnen gilt als ausgemacht, dass der Mensch über alles lachen darf. Und sie tun‘s darum auch. Denn ihnen ist wirklich nichts mehr „heilig“, sondern alles lächerlich. Sie behandeln nichts mit letztem Ernst, sondern blödeln über alles hinweg – und machen eben daraus eine Strategie. Denn indem man über etwas lacht, dementiert man seinen Anspruch, ernst genommen zu werden. Und schon fühlt man sich davon befreit! Denn worüber man Witze macht, das hat keine Verbindlichkeit. Durch Ironie und Spott hält man sich‘s vom Leib. Und so scherzt der Mensch gern über Autoritäten, vor denen er sonst Angst bekäme. Denn was ihm lächerlich ist, hat keine Macht über ihn. Er bringt es ironisch auf Distanz. Sein Lachen ist subversiv. Und darum witzeln viele auch gern über Gott. 

Wenn man sie darauf anspricht, klopfen sie einem jovial auf die Schulter und sagen, Gott werde doch bestimmt „Spaß verstehen“, man solle doch nicht so „humorlos“ sein. Doch dann lachen sie wieder über Karikaturen, die die Kreuzigung Christi veralbern und ihn zur Witzfigur machen. Sie schauen sich Filme an, in denen Gott als alter Trottel vorgeführt wird, und amüsieren sich über Comedians, die das Heilige zur Lachnummer machen. Selbst vermeintlich „fromme“ Leute geben sich diesbezüglich „locker“ und erklären, es sei doch nur „Spaß“. Gedankenlos meinen sie, Spaß sei doch schon an sich „harmlos“. Sie sehen keinen Widerspruch darin, sich am Samstagabend auf Gottes Kosten zu amüsieren und am Sonntagmorgen wieder „Halleluja“ zu singen. Aber Schenkelklopfen hier und Ergriffenheit da – verträgt sich das wirklich? Oder muss nicht, was einem Menschen heilig ist, automatisch auch das sein, bei dem „der Spaß aufhört“? Die Antwort ergibt sich aus der guten Funktion des Humors, die wir eben beschrieben haben. Die Stärke des Gelächters liegt darin, alles Menschliche, das sich anmaßend überhöht und sich mit der Aura des „Unantastbaren“ umgibt, zu entlarven. Was mit falschem Pathos auftritt, kann der Humor auf ein natürliches Maß herunterstutzen. Und wenn sich Profanes den Anschein der Heiligkeit gibt, reißt ihm gesunder Spott die Maske herunter. Man darf das auch gern mit Pfarrern, Bischöfen und anderen Christen tun! 

Aber bitte: welche Maske will man denn Gott herunterreißen, wenn er doch keine trägt? Und worüber will man bei ihm lachen, wenn an Gott doch nichts unvollkommen und nichts lächerlich ist? Humor deckt Inkonsequenzen auf, verborgene Mängel und peinliche Schwächen. Aber bei welchem Fehler will man Gott ertappen, der doch keine macht? Gott ist da ein völlig ungeeigneter Gegenstand! Denn er gibt sich keinen „Anschein“ von Heiligkeit, sondern ist heilig. Nichts an Gott ist Anmaßung, alles an ihm verdient Respekt! Und während bei Menschen stets Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, ist das bei Gott gerade nicht der Fall. In welche Wunde will der Satiriker also seinen Finger legen? Kabarettisten decken auf, wenn Politiker den Mund zu voll nehmen. Doch Gott hält seine Versprechen, er maßt sich nichts an und macht niemandem etwas vor. Er ist der eine, dem Ehre gebührt! Wenn Spaßvögel aber meinen, ihr Humor sei grenzenlos, und sie dürften darum auch Gott „durch den Kakao ziehen“, haben sie sich den Falschen ausgesucht. Denn bezüglich seiner Ehre versteht Gott keinen Spaß. Er warnt ausdrücklich: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“. Und auch Paulus sagt: „Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten“ (Gal 6,7). Warum ist es also wichtig, dass wir lernen, an der richtigen Stelle zu lachen? Der tiefere Grund ist nicht, dass faule Witze Gott schadeten, sondern dass sie in uns selbst profanieren, was uns heilig sein sollte. Denn Gott kann im Leben des Menschen ein Gegenstand der Verehrung sein. Oder er kann ein Gegenstand der Belustigung sein. Er kann aber nicht beides zugleich oder in stetem Wechsel sein. Wovor der Mensch wirklich Ehrfurcht hat, darüber wird er nicht lachen. Und worüber er lachen kann, davor hat er nicht wirklich Ehrfurcht. Meint aber einer, er dürfte über alles lachen (und nimmt Gott davon nicht aus), dann wird es ernst. Denn so jemand vermengt Gewöhnliches mit Heiligem, outet sich als Ignorant und offenbart die Verkehrtheit seines Herzens. Er meint, mit Gott fertig zu werden, indem er ihn nicht ernst nimmt, und macht damit einen fatalen Fehler. Denn wodurch wird jemand „lächerlich“ und wodurch „ehrwürdig“? Lächerlich wird eine Person durch Widersprüche, Fehlleistungen und dünkelhaftes Auftreten. Ehrwürdig wird sie aber durch das Gegenteil. Denn Ehre besteht in der Übereinstimmung des Verhaltens mit allen erhobenen Ansprüchen. Ehre ist eine Form der Integrität. Und wem dementsprechend Respekt gebührt, dem kann man Respekt nicht verweigern, ohne sich ins Unrecht zu setzen. Gerecht urteilt nur, wer das Hohe hoch, und das Geringe gering schätzt. Wenn Gott aber niemandem etwas schuldig bleibt und weder Heuchelei noch Versagen kennt (wenn’s bei ihm also keine Abweichung von Sein und Schein, Pflicht und Wirklichkeit gibt), so ist Gott der Inbegriff der Ehre und Integrität. An ihm allein ist nichts „lächerlich“! Wenn’s aber falsch ist, einen Scherz allzu ernst zu nehmen, ist es dann nicht auch falsch, über das wirklich Ernste zu scherzen? Wenn’s falsch ist, etwas Geringes in den Himmel zu heben, ist es dann nicht auch falsch, den Himmel herabzuwürdigen und ins Geringe herunterzuziehen? Wer Gott den Respekt verweigert, verleugnet damit, was wahr ist, und beleidigt, was gut ist. Und die Ausrede, es sei doch bloß „Spaß“, zieht nicht. Denn wenn schon wir (die wir samt und sonders Spott verdienen) sehr leicht kränkbar sind – hat Gott dann nicht tausendmal mehr Grund, sich Derartiges zu verbitten? Schon uns Menschen ist es nicht egal, wenn man unseren Namen in den Schmutz zieht. Denn wer etwas mit meinem Namen macht, der macht etwas mit mir! Doch auch Gottes Name ist kein austauschbares Etikett, sondern ein Teil seines Wesens. Und wer etwas mit seinem Namen macht, der macht demzufolge etwas mit Gott. 

Vielleicht vergreift er sich durch einen dummen Scherz. Es kann aber auch sein, dass er in Gottes Namen flucht und schimpft. Manche missbrauchen den Namen Gottes, indem sie sich für politische Untaten auf den Willen Gottes berufen. Und noch viel öfter hört man Menschen gedankenlos von Gott daherschwätzen. Manchen verkommt sein Name zu einer Floskel, weil sie ständig „ogottogott“ rufen, „herrgottnochmal“, „achgottchen“ oder „um Gottes willen“! Es gibt die bewusste Gotteslästerung, mit der sich einer um Kopf und Kragen redet. Und es gibt eine unbewusste Lästerung durch schlechte Theologie. Da sind Leute, die noch nie einen Blick in die Bibel geworfen haben, die sich aber nicht schämen, von Gott zu reden, als hätten sie mit ihm Schweine gehütet! Und da sind Stammtischbrüder, die nach dem dritten Bier ganz genau wissen, was der Allmächtige so alles falsch macht. Es gibt unzählige Comics und Filme, in denen Gott eine lächerliche Rolle spielt. Blasphemische „Kunstwerke“ finden interessierte Beachtung. Und leider gibt‘s auch Kirchenleute, die so leidenschaftslos von Gott reden, als wäre er eine mythische Gestalt vergangener Tage. Man findet Geistliche, die in Gottes Namen segnen, was eindeutig gegen seinen Willen ist. Und es existiert ein ganzes Heer schlechter „Christen“, die so lau und lieblos dahinleben, dass es ganz übel auf den „Christus“ zurückfällt, nach dem sie sich nennen. Von diesen allen gilt, was Goethe einmal sagte. Sie traktieren Gott „als wäre das unbegreifliche, gar nicht auszudenkende höchste Wesen nicht viel mehr als ihresgleichen (…). Er wird ihnen, besonders den Geistlichen, die ihn täglich im Munde führen, zu einer Phrase, zu einem bloßen Namen, wobei sie sich auch gar nichts denken. Wären sie aber durchdrungen von seiner Größe, sie würden verstummen und ihn vor Verehrung nicht nennen mögen.“ 

Tatsächlich – wir sollten den Namen Gottes nicht nennen, ohne dabei heilige Scheu zu empfinden und daran zu denken, dass Gott uns zuhört. Denn seiner Aufmerksamkeit wird durchaus nicht entgehen, wenn wir mit schmutzigem Mund von sauberen Dingen reden. Alles, was wir von Gott sagen, sagen wir in seiner Gegenwart. Wir sagen‘s ihm gewissermaßen „ins Gesicht“! Und es ist ihm nicht egal, ob wir dabei loben oder lästern. Denn Gott will kein Gegenstand sein für beiläufige Unterhaltungen oder faule Witze. Und er ist auch nicht für jeden Spaß zu haben, sondern ist unser Richter und Retter, der für uns einen Foltertod gestorben ist – und schon deshalb erwarten kann, dass wir auf seinen Namen nichts kommen lassen. So ist es allemal besser, von Gott zu schweigen als zu schwätzen. Das Beste aber ist, weder zu schweigen noch zu schwätzen, sondern den Namen Gottes im Gebet anzurufen. Denn eben dazu hat Gott uns seinen Namen offenbart, dass man ihn anrufen könne in Ehrfurcht und Vertrauen. Gott will nicht etwa, dass wir vor ihm verstummen! Er will durchaus mit sich reden lassen! Und er ist dazu aus der Anonymität herausgetreten, dass wir unser Herz vor ihm ausschütten können in Lob und Dank, Klage und Bitte. Gott wimmelt uns nicht ab, sondern lässt sich sprechen. Er sucht den Kontakt, damit wir wie kleine Kinder mit all unseren Freuden und Leiden zum Vater gelaufen kommen. Solche Kinder aber wollen nirgends ein böses Wort über ihren Vater hören. Sie lachen mit dem Vater, aber nicht über ihn. Sie freuen sich am Vater, aber nicht auf seine Kosten (vgl. Ps 126, Joh 16,20-22, Phil 4,4). Und sie protestieren, wenn er von anderen verleumdet, verlästert oder verspottet wird. Wie auf alle, die man liebt, lassen sie erst recht auf Gott nichts kommen, sondern Rühmen seine Güte. Und wenn wir uns solche Loyalität zu Eigen machen, dass wir für Gottes Ehre ebenso entschlossen streiten, wie er für die unsere – dann erfüllen wir das zweite Gebot aufs Schönste. Denn so will Gott seinen Namen geheiligt wissen, und so machen wir ihm Ehre, dass wir bei ihm Zuflucht suchen, uns froh zu ihm bekennen, gern und ehrfürchtig von ihm reden, in seinem Namen Weisheit suchen und zwischen Himmel und Erde nichts mit letztem Ernst respektieren außer ihm.