SCHWEIGEN

 

„O, falls man, wozu man christlich gewiss berechtigt ist, indem man den jetzigen Zustand der Welt und das ganze Leben betrachtet, christlich sagen müsste: es ist krank – und falls ich ein Arzt wäre: wenn dann Jemand fragte: „was meinst Du, dass geschehen muss?“ ich würde antworten: „das Erste, die unbedingte Bedingung, damit Etwas geschehen kann, also das Erste, was geschehen muss, ist: schaffe Schweigen, bringe Schweigen zuwege, das Wort Gottes kann nicht gehört werden, und soll es, durch lärmende Mittel bedient, lärmend ausgerufen werden, um im Spektakel mit gehört zu werden, so wird es nicht Gottes Wort, schaffe Schweigen! O, Alles lärmt; und wie man von einem hitzigen Getränke sagt, dass es das Blut aufregt, so ist in unsern Zeiten jedes, selbst das unbedeutendste Unternehmen, jede, selbst die nichtssagendste Mitteilung, nur darauf berechnet, die Sinne zu erschüttern oder die Masse aufzuregen, die Menge, das Publikum, den Lärm! Und der Mensch, dieser kluge Kopf, er ist wie schlaflos geworden, um neue, neue Mittel zu erfinden, den Lärm zu vergrößern, und mit möglichst großer Hast und nach möglichst großem Maßstabe das Lärmende und das Nichtssagende zu verbreiten. Ja, die Umkehrung ist wohl bald erreicht: die Mitteilung ist wohl bald zum niedrigsten Grade der Bedeutung heruntergebracht, und gleichzeitig haben die Mittel der Mitteilung wohl ungefähr einen höchsten Grad in Hinsicht eilender und Alles überschwemmender Verbreitung erreicht; denn was eilt man wohl so sehr unter die Leute zu bringen, und was hat andrerseits mehr Verbreitung, als: Geschwätz! O, schaffe Schweigen!“ (Sören Kierkegaard)

 

„Seht, dies sollt ihr fürwahr wissen: Will jemand anders in dem Tempel, das ist in der Seele, reden als Jesus allein, so schweigt Jesus, als sei er nicht daheim, und er ist auch nicht daheim in der Seele, denn sie hat fremde Gäste, mit denen sie redet. Soll aber Jesus in der Seele reden, so muss sie allein sein und muss selbst schweigen, wenn sie Jesus reden hören soll.“ (Meister Eckhart)

 

„Allzu vieler und öfterer weltlicher Gesellschaften musst du dich äußern und entziehen. Denn gleichwie dem menschlichen Leibe nicht besser ist, als wenn er in seinem Hause ist, also ist der Seele nicht besser, als wenn sie in ihrem eigenen Hause ist, das ist, in Gott ruhet, daraus sie geflossen ist, da muss sie wieder einfließen, wenn ihr wohl sein soll. Eine Kreatur ruhet nicht besser, als in dem, daraus sie geworden ist, ein Fisch im Wasser, ein Vogel in der Luft, und ein Baum im Erdreich. Also die Seele in Gott …“ (Johann Arndt)