WILLE GOTTES

 

„Mir kam neulich der Gedanke: Wollte Gott nicht wie ich, so wollte ich doch wie er. Manche Leute wollen in allen Dingen ihren eigenen Willen haben; das ist böse, es steckt ein Makel darin. Die anderen sind ein wenig besser: die wollen wohl, was Gott will, und gegen seinen Willen wollen sie nichts; wären sie aber krank, so wollten sie wohl, es möchte Gottes Wille sein, dass sie gesund wären. So wollten also diese Leute lieber, dass Gott nach ihrem Willen wollte, als dass sie nach seinem Willen wollten. Man muss es hingehen lassen, es ist aber das Rechte nicht. Die Gerechten haben überhaupt keinen Willen; was Gott will, das gilt ihnen alles gleich, wie groß das Ungemach auch sei.“ (Meister Eckhart)

 

„Ein guter Mensch kann der nicht sein, der nicht will, was Gott in jedem besondern Falle will, denn es ist unmöglich, dass Gott irgend etwas denn Gutes wolle; und insonderheit gerade darin und dadurch, dass es Gott will, wird es und ist es notwendig gut und zugleich das Beste. Und darum lehrte unser Herr die Apostel und uns in ihnen und beten wir alle Tage darum, dass Gottes Wille geschehe. Und doch, wenn Gottes Wille kommt und geschieht, so klagen wir (…). Ein guter Mensch soll darin Gott vertrauen, ihm glauben und gewiss sein und ihn als so gut kennen, dass es Gott und seiner Güte und Liebe unmöglich ist zuzulassen, dass dem Menschen irgendein Leiden oder Leid zustoße, ohne dass er entweder dem Menschen größeres Leid dadurch verhüten oder ihn auch auf Erden schon stärker trösten oder etwas Besseres davon und daraus machen wolle, worin Gottes Ehre umfassender und stärker in Erscheinung träte. Doch, wie dem auch sei: deshalb allein, weil es Gottes Wille ist, dass es geschehe, soll des guten Menschen Wille so ganz und gar mit Gottes Willen eins und geeint sein, dass der Mensch mit Gott dasselbe wolle, selbst wenn es sein Schaden und gar seine Verdammnis wäre.“ (Meister Eckhart)