FÜRBITTE

 

„Eine christliche Gemeinschaft lebt aus der Fürbitte der Glieder füreinander, oder sie geht zugrunde. Einen Bruder, für den ich bete, kann ich bei aller Not, die er mir macht, nicht mehr verurteilen oder hassen. Sein Angesicht, das mir vielleicht fremd und unerträglich war, verwandelt sich in der Fürbitte in das Antlitz des Bruders, um dessentwillen Christus starb, in das Antlitz des begnadigten Sünders. Das ist eine beseligende Entdeckung für den Christen, der anfängt, Fürbitte zu tun. Es gibt keine Abneigung, keine persönliche Spannung oder Entzweiung, die nicht in der Fürbitte, was uns betrifft, überwunden werden könnte. Die Fürbitte ist das Läuterungsbad, in das der einzelne und die Gemeinschaft täglich hinein müssen. Es kann ein hartes Ringen mit dem Bruder in der Fürbitte sein, aber es hat die Verheißung, zum Ziel zu führen. Wie geschieht das? Fürbitte tun heißt nichts anderes als den Bruder vor Gott bringen, ihn unter dem Kreuz Jesu sehen als den armen Menschen und Sünder, der Gnade braucht. Da fällt alles ab, was mich von ihm abstößt, da sehe ich ihn in aller seiner Bedürftigkeit und Not, da wird seine Not und seine Sünde mir so groß und so bedrückend, als wäre sie meine eigene, und nun kann ich nicht mehr anders als bitten: Herr, handle Du selbst, Du allein mit ihm, nach Deinem Ernst und Deiner Güte. Fürbitte tun heißt: Dem Bruder dasselbe Recht einräumen, das wir empfangen haben, nämlich vor Christus zu stehen und an seiner Barmherzigkeit Anteil zu haben.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Allmächtiger, ewiger und barmherziger Gott, der du bist der Heiland aller Menschen, besonders der Gläubigen, und durch den Apostel befohlen hast, Fürbitte zu tun für alle Menschen, ich bitte dich für alle Unglückliche und Bekümmerte, dass du sie mit dem Troste deiner Gnade unterstützest, und ihnen mit der Hilfe deiner Macht beistehest. Tue diejenigen mit himmlischer Kraft und Stärke an, welche im schwersten Kampfe satanischer Versuchungen schwitzen; mache sie deines Sieges teilhaftig, o Christe, allmächtiger Überwinder des Teufels! Deren Gebeine das Feuer der Traurigkeit austrocknet, dieselben richte die Labung deines himmlischen Trostes auf; unterstütze alle, die da fallen, und richte auf alle, die niedergeschlagen sind. Verleihe den Kranken aus Gnaden, dass die Krankheit des Leibes ihnen eine geistige Arznei sei, und die Widerwärtigkeiten des Fleisches ihnen Heilmittel für die Seele seien; dass sie erkennen, die Krankheiten seien Folgen der Sünde, aber Vorboten des Todes. Gib ihnen Stärke des Glaubens und der Geduld, o du zuverlässigster Arzt der Seelen und Leiber; stelle ihnen ihre vorige Gesundheit wieder her, nur dass es vorteilhaft sei für ihr ewiges Heil. Beschütze die Schwangeren, unterstütze die Wöchnerinnen. Du bist es, der die Frucht aus den engen Räumen des Mutterleibes befreiest, und durch deinen Segen das menschliche Geschlecht fortpflanzest. Stehe den Gebärenden bei, o, du Liebhaber und Geber des Lebens, dass sie nicht durch übermäßige Last der Schmerzen unterdrückt werden! Die Waisen, die von aller Hilfe verlassen sind, ernähre du, die Witwen, die der Misshandlung aller unterworfen sind, verteidige du, der, du dich selbst den gütigsten Vater der Waisen und den gerechtesten Richter der Witwen genannt hast. Die Tränen der Witwen, die über die Backen herabfließen, müssen durch die Wolken dringen, und nicht ruhen, bis sie zu deinem Throne kommen. Erhöre diejenigen, welche in die Gefahren des Meeres geraten sind und zu dir rufen, und die dem Schiffbruch nahe mit ernstlichem Flehen zu dir seufzen. Gib den Gefangenen Freiheit, dass sie mit dankbarem Herzen deine Güte preisen. Stärke diejenigen, welche um der Gerechtigkeit willen Verfolgung leiden, dass sie über alle ihre Feinde den Sieg davontragen und die ewige Märtyrerkrone erlangen. Stehe allen bei, so viele in Gefahren und Unglück geraten sind, dass sie ihre Seelen in wahrer Geduld fassen, und mit Verleugnung ihres eigenen Willens ihr Kreuz auf sich nehmen. Lass sie dem unter dem Kreuze folgen, an den sie glauben, als an den für uns am Kreuze Gestorbenen. Vor allen aber, o gütigster Vater, befehle ich diejenigen deiner Bewahrung, die an den Pforten des Todes stehen, zwischen der Zeit und Ewigkeit schweben, und mit diesem letzten Feinde aus allen Kräften ringen; stärke sie, o allmächtiger Überwinder des Todes; erlöse sie, o glorreichster Herzog des Lebens, dass sie nicht durch die Fluten der Versuchungen unterdrückt, sondern zum Hafen der ewigen Ruhe hindurchgeführt werden! Erbarme dich aller Menschen, der du aller Schöpfer bist! Erbarme dich aller, der du aller Erlöser bist! Dir sei Lob und Preis in alle Ewigkeit! Amen.“ (Johann Gerhard)