MENSCH

 

„Der Mensch besteht aus einer vernünftigen Seele und einem organischen Körper und ist nach Leib und Seele ein Geschöpf Gottes, geschaffen zur Ehre Gottes und zu seiner eigenen Seligkeit.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Der Mensch ist für eine freie Existenz gemacht, und sein innerstes Wesen sehnt sich nach dem Vollkommnen, Ewigen und unendlichen, als seinem Ursprung und Ziel. Er ist hier aber an das Unvollkommne gebunden, an Zeit und Ort; und wird dadurch gehindert und gehalten, und von dem väterlichen Boden getrennt. Und darum hat er hier keine Ruhe, wendet und mühet sich hin und her, sinnet und sorgt, und ist in beständiger Bewegung zu suchen und zu haben, was ihm fehlt und ihm in dunkler Ahndung vorschwebt. Da er sich aber nicht anders, als in und mit seinem Hindernis bewegen kann; so ist sein Mühen umsonst und vergebens, was er auch tue und welchen Fleiß er auch anwende. Er kann, rundum in seinem Zirkel, Entdeckungen machen, viel und mancherlei finden, Schönes und Nützliches, Scharfsinniges und Tiefsinniges; aber zu dem Vollkommnen kann er, sich selbst gelassen, nicht kommen; denn er bringt, wie gesagt, gerade was ihm im Wege ist und hindert in alles mit, was er beginnet und tut, und kann nicht über sich selbst hinaus. Soll er zu seinem Ziel kommen; so muss für ihn ein Weg einer andern Art sein, wo das Alte vergeht und alles neu wird, wo das Hindernis, das ihm im Wege ist und hindert und das er selbst nicht abtun kann, durch eine fremde Hand abgetan; und er, nicht so wohl belehrt, als verwandelt und über sich und diese Welt gehoben und so der vollkommnen Natur teilhaftig wird. Und diesen Weg, der das Geheimnis des Christentums ist, lästern und verbessern die Menschen, und wollen lieber auf ihrem Bauch kriechen und Staub essen. Es ist aber darum nicht weniger groß und heilig, und darum nicht weniger wert, dass wer sich des Odems in seiner Nasen bewusst ist alles für nichts achte und Vater und Mutter verlasse, um hineinzuschauen und sein teilhaftig zu werden.“ (Matthias Claudius)

 

„Paulus fasst Röm. 3,32. in diesen Worten: „So halten wir nun, dass der Mensch gerecht werde, ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben”, die Beschreibung des Menschen kurz zusammen und sagt: der Mensch werde durch den Glauben gerecht. Gewiss, wer da sagt, dass ein Mensch gerecht gemacht werden muss, der behauptet, dass er ein Sünder, ein Ungerechter und deshalb vor Gott schuldig sei, aber aus Gnaden selig werden muss. Und zwar nimmt er den Menschen unbestimmter Weise, das ist, ganz allgemein, damit er die ganze Welt, oder alles, was Mensch heißt, unter die Sünde beschließe. Deshalb ist der Mensch in diesem Leben eine bloße Materie Gottes zu dem Leben in jener künftigen Gestalt. Gleichwie auch alle Kreatur, die jetzt der Eitelkeit unterworfen ist, für Gott eine Materie zu ihrer künftigen herrlichen Gestalt ist. Und wie Himmel und Erde im Anfang war zu der nach sechs Tagen vollendeten Gestalt, das heißt, seine Materie, so ist auch der Mensch in diesem Leben (eine Materie) zu seiner künftigen Gestalt, wenn das Ebenbild Gottes erneuert und völlig in uns hergestellt sein wird.“ (Martin Luther)

 

„Es ist gefährlich, dem Menschen zu eindringlich vor Augen zu führen, wie sehr er den Tieren gleicht, ohne ihm seine Größe zu zeigen. Und es ist weiter gefährlich, ihm zu eindringlich seine Größe ohne seine Niedrigkeit vor Augen zu führen. Es ist noch gefährlicher, ihn in Unkenntnis des einen und des anderen zu lassen, aber es ist sehr vorteilhaft, ihm das eine und das andere darzulegen. Der Mensch soll nicht glauben, er gleiche den Tieren oder den Engeln, er soll auch nicht in Unkenntnis des einen und des anderen sein, sondern beides wissen.“ (Blaise Pascal)

 

„Der Mensch ist lediglich ein Wesen voll natürlichen Irrtums, und dieser ist ohne die Gnade unüberwindlich.“ (Blaise Pascal)

 

„Bedenke, o Mensch, warum dich Gott zu einem vernünftigen Menschen erschaffen hat: dass du ihm alle nämlich deine Sinne und Seelenkräfte geben sollst. Derowegen, weil dich Gott also geschaffen, dass du lieben kannst, so sollst du Gott lieben; weil du etwas erkennen kannst, so sollst du Gott erkennen; weil du etwas fürchten kannst, so sollst du Gott fürchten; weil du etwas ehren kannst, sollst du Gott ehren; weil du beten kannst, sollst du Gott anbeten; und weil du loben und preisen kannst, sollst du Gott loben und preisen; und weil du dich verwundern kannst, sollst du dich über deinen Schöpfer und Vater verwundern; und weil du glauben, vertrauen und hoffen kannst, sollst du Gott glauben, vertrauen und auf ihn hoffen; und weil du dich freuen und belustigen kannst, sollst du dich in Gott freuen und belustigen. Und weil in Gott alles ist, und er vermag alles unendlicher Weise, so kannst du alles bei Gott und in Gott finden, und tun, was dein Herz wünschet, so du deine Lust an Gott hast.“ (Johann Arndt)

 

„Gute Menschen gleichen guten Bäumen. Ihre Wurzel ist ein gutes Gewissen, ihr Stamm ein rechtschaffener Wille; sie sprossen Blätter guter Worte, treiben Blüten heiliger Gedanken und tragen Früchte guter Werke. Sie achten sich selber für nichts, sondern, voll von Früchten, neigen und biegen und demütigen sie sich bis in die Erde, ja sie bedürfen, dass man sie unterstütze und tröste, damit sie nicht gar verzagen. Ganz anders hält es sich mit den hoffärtigen Menschen. Wie verfluchte und verdorrte Bäume entbehren sie alles Saftes der Gnade und der Liebe. Sie spreizen sich hoch, sind aber allezeit dürr, und was sie gebären, sind Wurmnester und Spinngewebe.“ 

Geiler (+1510)