JESUS CHRISTUS

 

„Siehe, lieber Christ! dazu ist dir Christus geschenket und gegeben; bitte du nur täglich, dass du ihn also brauchen mögest, und dass er sein heilwärtiges Amt also an dir erfüllen möge. Denn, wenn er deine Arznei ist, so wirst du gesund; wenn er dein Brot ist, so wird deine Seele nicht hungern; ist er dein Brunn des Lebens, so wirst du nicht dürsten; ist er dein Licht, so wirst du nicht in Finsternis bleiben; ist er deine Freude, wer wird dich betrüben? ist er dein Advokat, wer wird dir abgewinnen? ist er deine Wahrheit, wer will dich verführen? ist er dein Weg, wer will dich verirren, ist er dein Leben, wer will dich töten? ist er deine Weisheit, wer will dich betrügen? ist er deine Gerechtigkeit, wer will dich verdammen? ist er deine Heiligung, wer will dich verwerfen? ist er deine Erlösung, wer will dich gefangen halten? ist er dein Frieden, wer kann dich unruhig machen? ist er dein Gnadenthron, wer will dich richten? ist er deine Lossprechung und Absolution, wer will dich verurteilen? ist er dein Kämpfer und Verfechter, wer will dich schlagen? ist er dein Bräutigam, wer will dich entführen? ist er dein Lösegeld, wer will dich in den Schuldturm werfen? ist er deine Ehrenkrone, wer will dich verachten? ist er dein Lehrer, wer will dich strafen? Ist er dein Richter, wer will dich beleidigen? ist er deine Versöhnung, wer will dich in Gottes Ungnade bringen? ist er dein Mittler, wer will dir Gott zuwider machen? ist er dein Fürsprecher, wer will dich verklagen? ist er dein Immanuel, wer will wider dich sein? ist er dein König, wer will dich aus seinem Reiche stoßen? ist er dein Hoherpriester, wer will sein Opfer und Fürbitte verwerfen? ist er dein Seligmacher, wer will dich unselig machen? Wie kannst du ein größeres Geschenk haben? Das Geschenk ist größer und mehr wert, als du, alle Menschen, alle Welt und aller Welt Sünde, Jammer und Elend. Denn Christus ist ganz unser mit seiner Gottheit und Menschheit. Denn wir haben durch die Sünde unsern höchsten Schatz verloren, das höchste ewige Gut, welches ist Gott selbst; denselben hat uns Gott in Christo wieder gegeben, und in ihm sich selbst.“ (Johann Gerhard)

 

„Wer da will heilsam über Gott denken oder spekulieren, der setze alles andre hintan gegen die Menschheit Christi. Diese aber stelle er sich vor, wie sie sich erhebt oder wie sie leidet, bis ihm ihre Gütigkeit süße werde. Dann bleibe er da nicht stehen, sondern dringe hindurch und denke: Ei, nicht aus seinem Willen, sondern aus dem Gottes des Vaters hat er das und das getan. Da wird der allerlieblichste Wille des Vaters anfangen, ihm zu gefallen, den er in der Menschheit Christi erzeigt (und eben das ist schon das Ziehen und Geben des Vaters). Bei diesem Willen kann Gott der Vater ohne Furcht ergriffen werden und mit Vertrauen. Wenn solcher Weg nicht geachtet wird, dann bleibt nichts anders als ein Sturz in den ewigen Abgrund. Denn er will nicht, dass man auf einem andern Wege zu ihm gehe, ihn erkenne und liebe. Wie er spricht: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich“ (Joh. 14,6). (…) Nun hast du, was das sei zu Christus kommen: er hat den Willen des Vaters erklärt, was der bedeute. Nämlich: „zu Christus kommen“ heißt ihn sehen und an ihn glauben. Und „nicht hinausgestoßen werden“, „nicht verloren werden“ durch den Willen des Vaters, das heißt ewiges Leben haben. Das ist denn des Vaters Wille, dass alle, die er Christus gegeben hat, selig werden durch Christus in Ewigkeit.“ (Martin Luther)

 

„Erwache, meine Seele, erhebe dich eilend vom Staube, betrachte gespannten Blickes den merkwürdigen Mann, den dir der Spiegel der evangelischen Geschichte vor Augen hält. Wer ist, der dort eintritt mit dem Antlitze eines Königs, und mit der Schmach des niedrigsten Knechtes beladen? Gekrönt geht er, aber seine Krone ist eine Kreuzeskrone, die ihm tausend Blutmale drückt. Mit königlichem Purpur ist er bekleidet, aber statt zur Ehre soll er ihm zur Schande sein. Ein Szepter führt er in der Hand, aber sein ehrwürdiges Haupt wird damit misshandelt. Man beugt die Knie vor ihm, betet ihn an, ruft ihn als König aus, und flugs springt man wiederum heran, um seine Wangen zu bespeien, ihm Kinn und Hals mit Fäusten zu zerschlagen. Entkleidet wird er und mit Geißeln zerfleischt, mit ehernen Nägeln schmachvoll inmitten von Verbrechern ans Kreuz geheftet, Ströme von Blut quellen aus seinen tiefen Wunden. Wer ist es nun, der unter allen Peinigungen seinen Mund nicht auftut, um zu klagen, zu drohen oder zu verdammen, der vielmehr am Ende ein Segenswort über seine Feinde ausspricht, wie es die Welt nie gehört hatte? Wer ist aber auch der, mit dem Himmel und Erde leiden, dessen Tod selbst Tote lebendig macht? Siehe, meine Seele, das ist dein Herr Jesus Christus, dein Erlöser, der eingeborne Sohn Gottes, wahrer Gott und wahrer Mensch, der allein von allen, die unter der Sonne wandeln, ohne Sünde erfunden worden.“

Eckbert (12. JH.) 

 

„Große Sünden habe ich begangen und vieler Missetaten bin ich mir bewusst. Doch ich verzweifle nicht; denn, wo die Sünde groß ist, da ist die Gnade übermächtig. Mögen meine Gedanken sprechen, so viel sie wollen: Wer bist du? was ist dein Ruhm und wo sind deine Verdienste? Ich will getrost entgegnen: Ich weiß, an wen ich glaube; er ist wahrhaftig in der Verheißung, mächtig zu der Erfüllung, er kann tun, was er will. Es streckt der Herr am Kreuz seine Arme aus, die Sünder zu umfangen. In den Armen meines Erlösers will ich leben, will ich sterben. Er hat sein Haupt im Tod herabgeneigt, seine Geliebten zu küssen. Regt sich in mir irgendein unreiner Gedanke, so eile ich zu den Wunden Christi. Drückt mich mein Fleisch darnieder, so stehe ich auf durch das Gedächtnis an die Wunden meines Herrn. Stellt mir der Teufel Netze, so fliehe ich zum Erbarmen meines Erlösers, und er muss von mir weichen. In allen Widerwärtigkeiten gibt es kein köstlicheres Mittel als Christi Wunden. In ihnen schlafe ich sorglos, ruhe ich sicher. Christus ist für uns gestorben. Nichts ist so schmerzlich, was nicht durch seinen Tod geheilt würde. Meine ganze Hoffnung steht darauf. Sein Tod ist mein Verdienst und meine Zuflucht, mein Heil, Leben und Auferstehung.“ 

Manuale (Augustini) 

 

„O meine Seele, auf finsterem, schlüpfrigem Wege glittest du immerdar zur Wüste der Hölle hinab. Ein Bleigewicht hing an deinem Hals, eine unerträgliche Last drückte dich und unsichtbare Feinde stürmten mit aller Macht auf dich ein. Ganz von Hilfe verlassen sankst du, und merktest doch nichts, weil du also empfangen und geboren warst. Erschrecke bei dem Gedanken, erbebe bei der Erinnerung! O lieber Herr Jesus Christus, in solcher Lage bist du mir ohne mein Bitten und Meinen als leuchtende Sonne aufgegangen. Du hast das Blei hinweggenommen und die Last entfernt, die auf mir lag. Du hast dich für mich in den Kampf gestellt und meine Feinde in die Flucht geschlagen. Mit einem neuen Namen, mit deinem Namen hast du mich genannt, und da ich krumm und gebückt vor dir stand, erhobst du mich und sprachst: Sei getrost, ich habe dich erlöst, ich habe mein Leben für dich gelassen, ich nehme dich in mein Reich auf, ich mache dich zum Erben Gottes, zu meinem Miterben. Siehe, Herr, so tief war ich gesunken, so hoch hast du mich erhoben! Nimm mich nun ganz in Deine Liebesarme auf.“ 

Anselm (+1109) 

 

„Gib Christo Raum und lass alles andere von dir. Wenn du Christum hast, so bist du reich; er reicht aus. Er wird dich erhalten und in allen Stücken treulich versorgen; dass du nicht auf Menschen zu hoffen brauchst. Menschen ändern sich schnell, vergehen bald. Christus aber bleibt bis ans Ende und bis in Ewigkeit bei dir stehen. Man muss keine große Hoffnung auf einen zerbrechlichen und sterblichen Menschen setzen, mag er einem auch noch so lieb und nützlich sein; man muss sich auch nicht zu sehr betrüben, wenn man bisweilen Anfeindung und Widerspruch erfährt. Wer heute für dich ist, kann morgen wider dich sein, und umgekehrt; Menschen wechseln oft, wie der Wind. Stelle dein ganzes Vertrauen auf Gott; er sei deine Furcht und deine Liebe. Er selbst wird für dich antworten und dir Gutes tun, wenn es dir gut ist. Du hast hier keine bleibende Stätte, bist Fremdling und Pilger, und wirst auch dermaleinst keine Heimat finden, wenn du nicht Christum gefunden hast. Ruhe in seinen Leiden und in seinen heiligen Wunden. Dulde mit ihm und für ihn, wenn du mit ihm herrschen willst.“ 

Thomas von Kempen (+1471)