REICH GOTTES

 

„Was heißt nun Gottes Reich? Antwort: nichts anders denn wie wir droben im Glauben gehört haben, dass Gott seinen Sohn Christum, unsern Herrn, in die Welt geschickt, dass er uns erlöse und frei machte von der Gewalt des Teufels und zu sich brächte und regierte als ein König der Gerechtigkeit, des Lebens und Seligkeit wider Sünde, Tod und böse Gewissen, dazu er auch seinen heiligen Geist gegeben hat, der uns solches heimbrächte durch sein heiliges Wort und durch seine Kraft im Glauben erleuchtete und stärkte. Derhalben bitten wir nun hier zum ersten, dass solches bei uns kräftig werde und sein Name so gepriesen durch das heilige Wort Gottes und christliches Leben, - beide, dass wir, die es angenommen haben, dabei bleiben und täglich zunehmen, und dass es bei andern Leuten einen Zufall und Anhang gewinne und gewaltiglich durch die Welt gehe, auf dass ihrer viel zu dem Gnadenreich kommen, der Erlösung teilhaftig werden, durch den heiligen Geist herzugebracht, auf dass wir also allesamt in einem Königreich, jetzt angefangen, ewiglich bleiben. Denn dass Gottes Reich zu uns komme, geschieht auf zweierlei Weise: einmal hier zeitlich durch das Wort und den Glauben, zum andern ewig durch die Offenbarung. Nun bitten wir solches beides, dass es komme zu denen, die noch nicht darin sind, und zu uns, die es überkommen haben, durch tägliches Zunehmen und künftig in dem ewigen Leben. Das alles ist nicht anders denn soviel gesagt: Lieber Vater, wir bitten, gib uns erstlich dein Wort, dass das Evangelium rechtschaffen durch die Welt gepredigt werde. Zum andern, dass es auch durch den Glauben angenommen werde, in uns wirke und lebe; dass also dein Reich unter uns gehe durch das Wort und Kraft des heiligen Geistes und des Teufels Reich niedergelegt werde, dass er kein Recht noch Gewalt über uns habe, so lange bis es endlich gar zerstört, die Sünde, Tod und Hölle vertilgt werde, dass wir ewig leben in voller Gerechtigkeit und Seligkeit.“ (Martin Luther)

 

„Dein Reich komme!“ (Mt 6,10). Der andere Irrtum, dass viel sind, die dies Gebet sprechen, allein Sorge gehabt, dass sie nur selig werden, und verstehen durch das Reich Gottes nichts anders, denn Freude und Lust im Himmel, wie sie denn aus fleischlicher Sinnlichkeit denken mögen, und werden dadurch gedrungen, dass sie die Hölle fürchten, und also nur das Ihre und ihren eigenen Nutz im Himmel suchen. Dieselben wissen nicht, dass Gottes Reich sei nichts anders, denn fromm, züchtig, rein, milde, sanft, gütig und aller Tugend und Gnaden voll sein, also dass Gott das Seine in uns habe, und er allein in uns sei, lebe und regiere. Dies sollte man am höchsten und ersten begehren. Denn das heißt selig sein, wenn Gott in uns regiert, und wir sein Reich sind. Die Freude aber und Lust und alles andere, das man begehren mag, dürfte man nicht suchen noch bitten noch begehren, sondern es wird sich alles selbst finden und folgen dem Reiche Gottes.“ (Martin Luther)