GEGENWART GOTTES

 

„Siehe, die Glänze (= Strahlen) der Sonne sind dir so nahe, dass sie dich gleich in die Augen oder auf die Haut stechen, dass du es fühlest, aber doch vermagst du es nicht, dass du sie ergreifest und in ein Kästlein legest, wenn du gleich ewiglich darnach tappest. Hindern kannst du sie wohl, dass sie nicht scheine zum Fenster ein; aber tappen und greifen kannst du sie nicht. Also auch Christus, ob er gleich allenthalben da ist, lässt er sich nicht so greifen und tappen; er kann sich wohl ausschälen, dass du die Schale davon kriegest und den Kern nicht ergreifest. Warum das? Darum, dass ein anderes ist, wenn Gott da ist, und wenn er dir da ist. Dann aber ist er dir da, wenn er sein Wort dazu tut, und bindet sich damit an und spricht: Hie sollst du mich finden. Wenn du nun das Wort hast, so kannst du ihn gewisslich greifen und haben, und sagen: Hie hab ich dich, wie du sagst. Gleich als ich von der Rechten Gottes sage: Wiewohl dieselbige allenthalben ist, wie wir nicht leugnen mögen; noch, weil sie auch nirgend ist, wie gesagt ist, kannst du sie wahrlich nirgend ergreifen, sie binde sich denn dir zu gut, und bescheide dich an einen Ort. Das tut sie aber, da sie sich in die Menschheit Christi begibt und wohnt; da findest du sie gewiss; sonst sollst du wohl alle Kreatur durch und durch laufen, hie tappen und da tappen, und dennoch nimmermehr nicht finden, ob sie gleich da ist wahrhaftig; denn sie ist dir nicht da.“ (Martin Luther)