SEGEN

 

„Dieser Segen aber ist nicht ein leerer Schall von Worten oder ein Glückwunsch, damit Einer dem Andern etwas Gutes pflegt zu wünschen. Als, wenn ich sage: Gott gebe dir feine und gehorsame Kinder; das sind nur solche Worte, damit man Einem etwas Gutes wünscht, damit ich einem Andern nichts gebe, sondern allein etwas wünsche; und ist ein solcher Segen, der ungewiss ist und noch vom Erfolg abhängt. Dieser Segen aber des Patriarchen Isaak zeigt auch ein gegenwärtiges Gut und ist für immer gewiss. Es ist kein Wunsch, sondern er gibt ihm damit das Gut, und sagt damit zu ihm also: Siehe, nimm die Gaben hin, die ich dir mit Worten verspreche. Denn das ist ein Anderes, wenn ich sage: Ich wollte dir wünschen, dass du einen starken und gesunden Leib möchtest haben, dass du einen guten Verstand hättest; da das Wort „haben“ eben nicht folgt. Es ist aber ein Anderes, wenn ich dir einen Sack mit Geld darbiete, und sage: Siehe, nimm hin, da hast du tausend Gulden, die will ich dir schenken; oder da Christus sagt zu dem Gichtbrüchigen Matth. 9,6.: „Stehe auf, heb dein Bette auf und gehe heim“ etc. Nach gemeinem Segen, damit Einer dem Andern Gutes wünscht, hätte er gesagt: Ach wollte Gott, dass du möchtest gesund und stark sein; damit würde aber die Krankheit nicht abgeschafft, und würde darauf nicht folgen, dass der Kranke wieder zu Kräften käme. Darum ist das nur ein Wortsegen. In der heiligen Schrift aber sind tatsächliche Segen: nicht allein Segenswünsche, sondern wirkliche Segen, die das wirklich schenken und mit sich bringen, was die Worte sagen. Wie wir denn im Neuen Testament auch solche Segen haben durch das Priestertum Christi, welches unser Segen ist, wenn ich sage: Nimm hin die Absolution deiner Sünde. Wenn ich aber also sagte: Wollte Gott, dass dir deine Sünden vergeben wären; ach, dass du fromm und in Gottes Gnade wärest; oder: Ich wünsche dir von Gott Gnade und Barmherzigkeit, das ewige Reich und Erlösung von deinen Sünden: das möchte man einen Segen der Liebe heißen. Aber der Segen der Verheißung und des Glaubens und der gegenwärtigen Gaben lautet also: Ich absolviere dich von deinen Sünden im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes, das ist: Ich versöhne deine Seele mit Gott, nehme von dir den Zorn und Ungnade Gottes und setze dich in Gottes Gnade, ich gebe dir das Erbe des ewigen Lebens und das Himmelreich. Diese Dinge alle haben die Kraft und Gewalt, dass sie dir gegenwärtig und wahrhaftig gegeben werden, wenn du glaubst. Denn es sind nicht unsere Werke, sondern sind Gottes Werke durch unser Amt und Dienst. Derhalben sind es nicht solche Segen, die nur etwas wünschen, sondern die es auch mittheilen.“ (Martin Luther)