SEHNSUCHT

 

„Es ist gut, Sehnsucht zu haben, und je inniger sie ist, desto besser. Der Herr will das Sehnen der Seele sättigen, wie groß und alles andre überwiegend es auch sei. Lasst uns viel Sehnsucht haben, denn Gott will viel geben. Wir sind nie in einem rechten Seelenzustand, wenn wir mit uns selber zufrieden und frei von Sehnsucht sind. Das Verlangen nach mehr Gnade und das unaussprechliche Seufzen sind die Schmerzen des Wachstums, und wir sollten wünschen, sie immer mehr zu fühlen. Heiliger Geist, mache uns seufzen und schreien nach besseren Dingen und noch mehr von den besten Dingen!“ (Charles H. Spurgeon)

 

„Das ganze Leben eines Christen ist ein heiliges Heimweh.“ (Augustinus)

 

„Mein Gut, o Herr, ist dein Gut; darum bin ich verarmt, wenn du von mir scheidest. Du bist meine Kraft, meiner Augen Licht, du bist mein Selbst, mein Alles, der Gott meines Herzens und mein Teil in Ewigkeit. Ach, wie dürres Erdreich dürstet mich nach dir. O du, der du reich bist an vollen Quellen, tränke mich und erfülle das leere Gefäß meines Geistes wiederum mit deinem Überfluss. Warum hältst du doch deinen Strom so zurück? Wehe mir, schnell floss er in unserm Tal vorüber! Schnell schwand er dahin, aber ein ewiges Verlangen zieht mich ihm nach. Kann es dir denn eine Freude sein, o Herr, meine arme Seele, die dich liebt und sucht, so lange warten und schmachten zu lassen? O, sollte dich deine Größe fernhalten, so neige dich dein Erbarmen herab, willst du dich dem Geliebten nicht hingeben, so hilf doch dem Betrübten. Betrübt bin ich und sehr gebeugt, mein Herz seufzt und schreit, dass es dich nicht findet. O Herr, wo ist die Menge deiner Liebe und deines herzlichen Erbarmens? Komm und tröste meine Seele, die sich im Kummer verzehrt.“ 

Gilbert (12. Jh.) 

 

„Weint, meine Augen, über den bitteren Abschied, den mein himmlischer Vater von mir genommen hat. Sein Zorn liegt schwer auf mir, seine Gnade ist gewichen, Schmerz, Furcht und Bedrängnis haben sich um mich gelagert. Ich sitze in Finsternis und sehe das Licht des Himmels nicht mehr; hart ist mein Herz und voll von Unmut. Trocken bin ich, denn keine geistliche Speise will mir schmecken: nicht Lesen, nicht Singen, nicht Beten. Mir selber eine Last und Beschwerde, bin ich zur Arbeit träg, und die Einsamkeit ist mir peinlich. Ich esse, trinke und spreche, um nur die Zeit zu verbringen. Ach, welch trauriger Wechsel! wo bin ich hingeraten? Vom Himmel in die Hölle, vom Leben des Geistes ins Leben des Fleisches, von der Wahrheit in die Eitelkeit. O Gott, mein Vater, höre mein Geschrei, siehe an meine Not! Komm wieder, o Herr, komm wieder mit deiner Gnade!“ 

Gerson (+1429)