ASKESE

 

„Jesus setzt als selbstverständlich voraus, dass die Nachfolgenden die fromme Übung des Fastens halten. Zum Leben der Nachfolgenden gehört die strenge Übung in der Enthaltsamkeit. Solche Übungen haben den einzigen Zweck, den Nachfolgenden für den ihm befohlenen Weg und für das ihm befohlene Werk bereiter und freudiger zu machen. Der selbstische und träge Wille, der sich nicht zum Dienst treiben lässt, wird gezüchtigt, das Fleisch wird gedemütigt und gestraft. In der Übung der Enthaltsamkeit wird die Entfremdung meines christlichen Lebens von der Welt deutlich spürbar. Ein Leben, das ganz ohne asketische Übung bleibt, das sich alle Wünsche des Fleisches gönnt, so lange sie nach der justitia civilis „erlaubt“ sind, wird sich für den Dienst Christi schwer bereiten. Das satte Fleisch betet nicht gern und schickt sich nicht zum entsagungsvollen Dienst.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Askese ist selbstgewähltes Leiden, es ist passio activa, nicht passio passiva, und ebendarin aufs höchste gefährdet. Askese ist dauernd belauert von dem gottlosen frommen Wunsch, sich selbst Jesus Christus durch Leiden gleich zu machen. Es schlummert in ihr auch immer schon der Anspruch, an die Stelle des Leidens Christi zu treten, das Werk des Leidens Christi selbst zu vollbringen, nämlich den alten Menschen zu töten. Hier maßt sich die Askese den bitteren und letzten Ernst des Erlösungswerkes Christi an. Hier stellt sie sich mit furchtbarer Härte sichtbar zur Schau. Das freiwillige Leiden, das nur auf Grund des Leidens Christi zu besserem Dienst, zu tieferer Demütigung dienen sollte, wird hier zur grauenvollen Verzerrung des Leidens des Herrn selbst. Nun will es gesehen werden, nun ist es der unbarmherzige lebendige Vorwurf für die Mitmenschen; denn es ist Heilsweg geworden.“ (Dietrich Bonhoeffer)