BEGIERDE

 

„Es können zwar die Kreaturen ihren Liebhabern eine zeitliche und augenblickliche Lust bringen; aber die Begierden können sie mit nichten sättigen. Denn zu gleicher Weise wie ein Gefäß keinen andern Saft denen, so daraus schöpfen, geben kann, denn nur den, welcher darinnen ist, also geben auch die Kreaturen, welche sehr dürftig sind, ihren Liebhabern einen solchen Saft, damit sie durchaus nicht zufrieden noch begnüget sein. Und gleichwie das Auge nicht satt wird durch das Sehen, und das Ohr durch das Hören; also wird auch des Menschen Herz nicht satt durch den Affekt und die Begierde der Erkenntnis des Verlangens. Es suchet mit Ängsten, dass es möge finden dasjenige, in welchen es fröhlich ruhen könne. Wenn aber des Menschen Herz Gott ergreifet, alsdann freuet sich der Geist, welcher nun in Gott satt worden ist, und spricht: Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erden, Ps. 73,25. Und: Das ist das ewige Leben, dass sie dich wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen, Joh. 17,3. In dieser Erkenntnis stehet und ist endlich die rechte Ruhe der Seelen, die Genüge des Herzens und das ewige Leben.“ (Johann Arndt)