ANMASSUNG

 

„Die Schrift spricht und der Glaube und die Wahrheit: Sünde sei nichts anders, denn dass sich die Kreatur abkehrt von dem unwandelbaren Gute und kehret sich zu dem wandelbaren, das ist: dass sie sich kehrt von dem Vollkommenen zu dem Geteilten und Unvollkommenen und allermeist zu sich selber. Nun merke. Wenn sich die Kreatur etwas Gutes annimmt, als Wesens, Lebens, Wissens, Erkennens, Vermögens und kürzlich alles dessen, das man gut nennen soll, und meint, dass sie das sei oder dass es das Ihre sei oder ihr zugehöre oder dass es von ihr sei: so oft und viel das geschieht, so kehrt sie sich ab. Was tat der Teufel anders oder was war sein Fall oder Abkehren anders, denn dass er sich annahm, er wäre auch etwas und etwas wäre sein und ihm gehörte auch etwas zu? Dies Annehmen und sein Ich und sein Mich, sein Mir und sein Mein, das war sein Abkehren und sein Fall (…). Was tat Adam anders denn auch dasselbe? Man spricht: darum, dass Adam den Apfel aß, wäre er verloren oder gefallen. Ich spreche: es war wegen seinem Annehmen und seinem Ich, seinem Mich, seinem Mein und seinem Mir und dergleichen. Hätte er sieben Äpfel gegessen und wäre das Annehmen nicht gewesen, er wäre nicht gefallen. Aber da das Annehmen geschah, da war er gefallen und hätt’ er nie einen Apfel gegessen.“ (Theologia Deutsch)