WAHRHEIT

 

„Weil wir nun den Geist und Brunnen der Wahrheit verlassen, und auf so viele Bücher fallen, auch ganz und gar vom Leben Christi abweichen, dass nichts mehr vom wahren Christentum fast übrig ist, denn der bloße Name, wie kann doch denn das wahre Licht bei uns bleiben? Und gehet uns wegen der vielen Bücher, wie St. Paulus spricht: 2 Tim. 3,7. Lernen immerdar und können nimmermehr zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn je mehr Bücher, je mehr Lernens. Und das heißt: immerdar Lernende. Nun aber ist die Wahrheit einig, und was einig ist, bedarf ja nicht vieler Bücher; und weil nun die Wahrheit einig ist, so muss auch zu dem einigen ein einiger Weg sein. Die einige Wahrheit aber ist Christus selbst, und er selbst ist auch der einige Weg dazu. Dieser einige Weg ist nun sein Leben, wer diesen Weg gehet, der kommt zu der einigen Wahrheit, d. i. zu Christo selbst, wie der Herr Christus, Joh. 14,6. spricht: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Da meldet der Herr, dass er selbst die Wahrheit sei, und sei der Weg dazu. Gingen wir nun diesen Weg, und folgten dem Herrn Christo im Leben nach, wir bedürften nicht viel Bücher und Wegweiser, und wäre uns das einige Leben Christi anstatt vieler tausend Bücher, und Christus, das ewige Licht, würde uns bald erleuchten, und im Glauben einig machen.“ (Johann Arndt)

 

„Wir leben in einer Zeit, in welcher man, wie der Apostel von den Irrlehrern sagt, immerdar lernt und doch nicht zur Erkenntnis der Wahrheit kommen kann. Wir leben in einer Zeit der Gesinnung des Pilatus, welcher, als der Herr ihm bezeugte, dass er sei ein König der Wahrheit und sein Reich ein Reich der Wahrheit, spöttisch die Frage an den Herrn Christum richtete: „Was ist Wahrheit?“ – ohne aber eine Antwort abzuwarten. Der unselige Mensch dachte ohne Zweifel in seinem Herzen: „Die größten Geister haben schon Jahrtausende eine Antwort auf die Frage gesucht: Was ist Wahrheit? und haben sie nicht gefunden, und du armer Bettler, du elender Nazarener meinst, du seiest ein König der Wahrheit, und willst ein Reich stiften unwidersprechlicher, ewiger Wahrheit?“ Diese Verachtung der reinen Lehre, also der Wahrheit – denn reine Lehre ist eben nichts anderes als reines Wort Gottes, nicht etwa eine den Dogmatikern entsprechende Lehre, die angenommen worden ist von der Kirche – nein, absolut reine Lehre ist Gottes Wort – die Verachtung der reinen Lehre bezeugt es, dass wir in einer unaussprechlich traurigen Zeit leben. Denn wie spricht Gottes Wort selbst über Gottes Wort und reine Lehre? (…) Und was spricht unser lieber Herr Christus selbst? Er sagt Joh. 8,31.: „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger, und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ Ist es nun nicht schrecklich, wenn jetzt die deutschen Theologen sagen: „Ach Wahrheit! Wir streben nach Wahrheit, aber nur ein hochmütiger, selbstzufriedener Mensch wird sagen, dass er sie habe!“ So weit sind wir jetzt gesunken, dass man so redet, während der Herr ausdrücklich sagt: „und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“.“ (C. F. W. Walther)

 

„Das Gebot der völligen Wahrhaftigkeit ist nur ein anderes Wort für die Ganzheit der Nachfolge. Nur wer ein in der Nachfolge Gebundener Jesu ist, steht in der völligen Wahrhaftigkeit. Er hat vor seinem Herrn nichts zu verbergen. Er lebt aufgedeckt vor ihm. Er ist von Jesus erkannt, in die Wahrheit gestellt. Er ist als Sünder vor Jesus offenbar. Nicht er hat sich Jesus offenbart, sondern als Jesus sich ihm offenbarte in seinem Ruf, da wusste er sich von Jesus in seiner Sünde offenbart. Völlige Wahrhaftigkeit gibt es nur aus der aufgedeckten Sünde heraus, die auch von Jesus vergeben ist. Wer im Bekenntnis seiner Sünde vor Jesus in der Wahrheit steht, der allein schämt sich nicht der Wahrheit, wo auch immer sie gesagt werden muss. Die Wahrhaftigkeit, die Jesus von seinem Jünger fordert, besteht in der Selbstverleugnung, die die Sünde nicht verdeckt. Es ist alles offenbar und licht (…). Es gibt keine Wahrheit Jesus gegenüber ohne Wahrheit den Menschen gegenüber. Die Lüge zerstört die Gemeinschaft. Wahrheit aber zerschneidet falsche Gemeinschaft und begründet echte Bruderschaft. Es gibt keine Nachfolge Jesu ohne das Leben in der aufgedeckten Wahrheit vor Gott und den Menschen.“ (Dietrich Bonhoeffer)

 

„Der Mensch kann die Wahrheit verkennen, verachten und aufhalten; aber wie umwegs oder verkehrt er es auch treibe, so irrt er sich nur, und mitten in solchem Treiben suchet und meinet er sie. Er kann ihr‘r nicht entbehren; und es ist nicht möglich, wenn sie ihm erscheint, dass er sein Haupt nicht vor ihr beuge. Irren ist menschlich, Andres! Aber die Wahrheit ist unschuldig. Sie ist immer bereit und immer wert und wird auch wohl am Ende recht behalten. Aber es macht Dir graue Haare, schreibst Du, unsern Herrn Christus verkannt und verachtet zu sehen. – Du liebe, gerechte Seele, mag es doch; wer sie um ihn trägt, der trägt mit Ehren graues Haar. Zwar seinetwegen brauchst Du Dir keine wachsen zu lassen. Er will wohl bleiben, was er ist. So viele ihrer die Wahrheit nicht erkennen und nutzen, die haben des freilich Schaden; aber was kann es ihr schaden, ob sie erkannt und genutzt wird oder nicht? Sie bedarf keines, und es ist die Größe und Herrlichkeit ihrer Natur, dass sie immer bereit ist, von Undank nicht ermüdet wird und wie die aufgehende Sonne mit den Wolken und Dünsten ringt, um sie zu reinigen und zu vergolden. Lass sie denn ringen, Andres; und brich Dir auch, um was Du nicht ändern kannst, das Herz nicht. Wer nicht an Christus glauben will, der muss sehen, wie er ohne ihn raten kann.“ (Matthias Claudius) 

 

„Die Wahrheit währet lange. Die Zeit setzt sie auf die Probe, aber sie hält die Prüfung sehr gut aus. Wenn ich also die Wahrheit gesprochen habe und für jetzt deshalb leide, so muss ich zufrieden sein, zu warten. Wenn ich die Wahrheit Gottes glaube und mich bemühe, sie zu verkünden, so mag ich viel Widerstand finden, aber ich brauche mich nicht zu fürchten, denn zuletzt muss doch die Wahrheit obsiegen. Was für eine armselige Sache ist der zeitweilige Triumph der Falschheit! „Eine falsche Zunge währet nur einen Augenblick!“ Sie ist bloß ein Kürbis, der in einer Nacht aufwächst und in einer Nacht verdirbt; und je größer ihre Entwickelung, desto offenbarer ihr Hinwelken (…). O mein Herz, trage Sorge, dass du in allen Dingen auf Seiten der Wahrheit bist, sowohl in kleinen als in großen Dingen; aber besonders auf Seiten dessen, durch den Gnade und Wahrheit unter die Menschen gekommen ist!“ (Charles H. Spurgeon)

 

„So wie es ein Verbrechen ist, den Frieden zu stören, wo die Wahrheit herrscht, so ist es auch ein Verbrechen, im Frieden zu verharren, wenn man der Wahrheit Gewalt antut.“ (Blaise Pascal)

 

„Was will das neunte Gebot? Dass ich wider niemand falsches Zeugnis gebe, niemandes Worte verkehre, kein Nachredner und Lästerer sei, niemand ungehört und leicht verdammen helfe, sondern alle Lüge und Betrug als eigene Werke des Teufels bei schwerem Gotteszorn vermeide, in Gerichts- und allen anderen Handlungen die Wahrheit liebe, aufrichtig sage und bekenne sowie meines Nächsten Ehre und Ruf nach meinem Vermögen rette und fördere.“ (Heidelberger Katechismus)