SCHÖNHEIT

 

„Was wir lieben, das lieben wir entweder wegen seiner Macht, oder seiner Weisheit, oder seiner Schönheit: was ist aber mächtiger als Gott, was weiser als Gott, was schöner als Gott? Alle Macht weltlicher Könige ist von ihm und unter ihm; alle Weisheit der Menschen ist im Vergleiche zu der göttlichen, Torheit; alle Schönheit der Geschöpfe ist im Vergleiche zu der göttlichen, Missgestalt. Wenn ein sehr mächtiger König durch Abgesandte um die Hand einer Jungfrau von geringer Herkunft und Lage würbe, würde nicht diese Jungfrau töricht handeln, wenn sie den mächtigsten König nichts achten und den armen Abgesandten und Dienern des Königs anhangen wollte? So hat Gott durch alle Schönheit der Geschöpfe uns zu sich rufen, zu seiner Liebe uns erwecken wollen; warum also hängt unsere Seele, die Christus als Bräutigam begehrt, den Geschöpfen an, die gleichwie Abgesandte von ihm sind um dieser geistlichen Vermählung willen? Die Geschöpfe rufen selbst: Warum bleibt ihr an uns hängen? Warum stellt ihr auf uns das Ziel eures Verlangens? Wir können eure Sehnsucht nicht stillen, machet euch hin zu dem, der unser beider Schöpfer ist!“ (Johann Gerhard)