ANFECHTUNG

 

„Warum aber Gott solches bisweilen zulässt, dass seine gläubigen Kinder, die auf Christum getauft, Vergebung der Sünden haben, durch den Glauben sind gerecht gemacht, und zum ewigen Leben aufgenommen, vom leidigen Teufel so kläglich und jämmerlich mit schweren höllischen Gedanken angefochten, gequälet, und zu geistlichen Märtyrern gemacht werden, ist ohne Not, dass wir darnach forschen; es soll uns genug sein, dass wir aus Gottes Wort versichert sein, Gott selbst habe uns die Anfechtung zugeschickt. Was nun von Gott kommt, das gereicht dem Menschen nicht zum Verderben, sondern zur Seligkeit, dazu denn alles dienen muss, was denen widerfähret, die Gott lieben, Röm. 8,28.“ (Johann Arndt)

 

„Gott hat recht und wohl daran getan, dass er uns in solchem Stande hat bleiben lassen, in dem wir mit der Sünde, mit Tod, Teufel, Welt, Fleisch und allerlei Anfechtung kämpfen und ringen müssen, auf dass wir genötigt und gezwungen werden, seine Gnade und Hilfe, sein Wort und Sakrament zu suchen und zu begehren. Sonst, wenn das nicht wäre, würde kein Mensch weder nach seinem Wort noch seinem Sakrament ein Haar breit fragen, weder Gnade noch Hilfe suchen. Nun aber solche Jagdhunde, ja Teufel hinter uns sind und uns aufstöbern, so müssen wir wohl munter werden, und wie ein gejagter Hirsch zum frischen Wasser, also auch wir nach Gott schreien, wie der 42. Psalm sagt, damit unser Glaube wohl geübt, erfahren und stark werde und wir also in Christus bleiben und fest werden.“ (Martin Luther)

 

„Der Glaube muss geprüft werden, weil er nur durch Konflikte in einen persönlichen Besitz verwandelt werden kann.“ (Oswald Chambers)

 

„Zur Übung unseres Glaubens sind Wolken und Dunkelheit notwendig, um uns zu veranlassen, dass wir unser Vertrauen mehr auf Christus setzen als auf unsere Erfahrungen, Beweisgründe, Gemütsstimmungen und Gefühle.“ (Charles H. Spurgeon)

 

„Einige angefochtene Seelen glauben verzweifeln zu müssen, weil sie von verzweifelten Stimmungen befallen werden. Aber so sehr sie auch solches fühlen mögen, so tief sie auch von dieser Versuchung gleichsam verschüttet werden; so lange die Vernunft nicht einstimmt, so lange geht auch die Liebe zu Gott nicht verloren. Das Feuer, welches am Tage auf dem Herde brannte, scheint während der Nacht unter der Asche ganz erstickt und verkommen zu sein, und doch finden sich, wenn man am Morgen sucht, hie und da noch Funken, aus denen eine ebenso große Flamme, wie vorher, wieder erweckt wird. Gleicherweise kann der Geist des Menschen vom Teufel nicht überwunden werden, wenn der Wille nicht einstimmt. Man muss nur unter dem Andrange solcher Anfechtungen schreien: Herr, mein Gott, tue mir nach dem, was ich gern möchte, nicht nach dem, was ich empfinde. Es pflegt wohl auch zu geschehen, dass sich fromme Gemüter über kleinere Sünden zu viele Bedenklichkeiten machen, dass sie ängstlich auf alles, was sie tun, Acht geben, und dann mit der Waage der Gerechtigkeit in der Hand des göttlichen Erbarmens, welches unserer Seligkeit Quell ist, ganz vergessen. Da beten einige einen Psalm für sich, und ein plötzlich aufsteigender Gedanke reißt sie von der Andacht hinweg; sie wiederholen ihr Gebet nun mit Anstrengung zwei-, dreimal, doch öfter wird ihnen die heilige Speise immer fader und geschmackloser. Andere bekennen und beichten ihre Sünden, aber sie fühlen sich nicht vollständig zerknirscht, und quälen und ängstigen sich darum immerdar. Allen solchen ist zu raten, dass sie von ihrer Gerechtigkeit hinweg auf Gottes lauteres Erbarmen schauen, und ihre Vergehen so mögen wägen lernen, dass sie die unendliche Liebe Gottes überwiegen lassen. Von einzelnen gotteslästerlichen oder unreinen Gedanken muss sich keiner irre machen lassen. Sie kommen vom Teufel, und so lange sie dem Menschen nicht zur Lust, sondern zur Last sind, werden sie ihm nicht als Sünde angerechnet. Wollte jemand mit dem Bekenntnis von dergleichen Gedanken sehr ins Einzelne gehen und sich mühen, nichts zu verschweigen, so würde er ohne Zweifel nichts weniger als Herzensruhe erlangen, vielmehr dem bösen Feinde immer mehr Gelegenheit zu quälenden Angriffen geben; gleichwie diejenigen, welche bellenden Hunden, um ihre Wut zu beschwichtigen, Brot vorwerfen, sie oft nur noch stärker reizen. Hier gilt der Rat, sich gar nicht viel um solche Gedanken zu kümmern, oder mit ihnen zu streiten, sondern höchstens lachend zu sprechen: Dein Schmutz muss auf dich selber zurückfallen, o Satan; Gott ist mein Beistand, dich fürchte ich nicht. Übrigens ist es sehr gut, wenn kleinmütige Personen sich wegen ihrer Bedenklichkeiten an bejahrte fromme Männer wenden, und durch sie ihren Mut stärken und stählen lassen. Denn ältere Zimmerleute gehen sicher und unerschrocken auf den höchsten Balken der Häuser herum, während Anfänger, wollten sie es versuchen, sofort sich in Lebensgefahr begeben würden.“ 

Gerson (+1429)

 

„Wenn dir Himmel und Erde zu eng ist, wenn du nirgends dich ruhig anlehnen und halten kannst, wenn du in dem heißen Ofen der Anfechtung sitzt, so gieß aus zu Gott ein andächtiges, reines, inbrünstiges Gebet aus der Tiefe deines Herzens. Dann wird dir Gnade und Geduld gegeben werden, dass du ausharren magst, dann wird kühler Himmelstau auf dich herabfallen, der die grimmige Hitze löscht, der Seelen Angst und Betrübnis mildert.“ 

Geiler (+1510)