FRIEDEN

 

„Es sprechen viel Leute, sie haben nicht Frieden oder Ruhe, sie haben so viel Widerwärtigkeit und Anfechtung, Drucks und Leidens, dass sie nicht wissen, wie sie daraus kommen sollen. Der nun dies in Wahrheit will ansehen und merken, der erkennt wohl, dass wahrer Friede und Ruhe nicht liegt an äußerlichen Dingen. Denn wäre dem also, so hätte der Teufel auch Friede, wenn es ihm ginge nach seinem Willen und Wohlgefallen, das doch durchaus nicht ist. Denn der Herr spricht durch den Propheten „die Bösen und Ungetreuen haben keinen Frieden.“ Und darum sollen wir merken und genau wahrnehmen des Friedens, den Christus Seinen lieben Jüngern zum Abschied ließ, da ER sprach „Meinen Frieden lasse Ich euch, Meinen Frieden gebe Ich euch.“ In diesem Worte mag man wohl merken, dass Christus den leiblichen und äußerlichen Frieden nicht gemeint hat, denn die lieben Jünger und alle Liebhaber und Nachfolger Christi haben von Anbeginn große Trübsal, Verfolgung und Marter gelitten, wie Christus selber sprach „in dieser Zeit werdet ihr Bedrängnis haben.“ Aber Christus meint den wahren, innerlichen Frieden des Herzens, der hier anfängt und währt dort ewiglich. Darum spricht ER „nicht als ihn die Welt gibt“, denn die Welt ist falsch und betrügt in ihren Gaben: sie verheißt viel und hält wenig. Es lebt auch Niemand auf Erden, der immerfort Ruhe und Frieden habe, ohne Trübsal und Widerwärtigkeit, dem es allzeit gehe nach seinem Willen: es muss je hier gelitten sein, man kehre es wie man wolle. Und so man einer Anfechtung ledig wird, so kommen sehr leicht zwei andere an deren Statt. Darum so ergib dich williglich darein und suche allein den wahren Frieden des Herzens, den dir Niemand nehmen mag, damit du alle Anfechtung überwindest. Darum meinte ER den innerlichen Frieden, der da durchbräche durch alle Anfechtung und Widerwärtigkeit, Druckes, Leidens, Elendes oder Schwachheit oder was desgleichen mehr ist, dass man darin fröhlich und geduldig wäre, wie die lieben Jünger und Nachfolger Christi gewesen sind. Wer nun mit Liebe allen seinen Fleiß und Ernst dazu täte, der würde gar bald erkennen den wahren, ewigen Frieden, der Gott selber ist, nach Möglichkeit der Kreatur, also dass ihm süß würde das ihm vorher sauer war, und dass sein Herz unbewegt stünde allzeit in allen Dingen und dass er nach diesem Leben käme zu dem ewigen Frieden.“ (Theologia Deutsch)

 

„Du sprichst durch deinen Propheten: Ich will meine Ehre keinem anderen geben. Was willst du denn geben, o Herr, was willst du uns geben? Den Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nun, damit bin ich zufrieden. Dankbar nehme ich, was du mir lässt und lasse, was du dir vorbehältst. So wird es mir gut sein. Ich entsage der Ehre, damit ich mir nicht anmaße, was nicht mein ist. Oder wer wollte es der Wand glauben, wenn sie den Sonnenstrahl zu gebären vorgebe, den sie durchs Fenster empfängt? Wer sollte nicht lachen, wenn sich die Wolken rühmten, als hätten sie den Regen erzeugt, der aus dem Meer kam? Den Frieden will ich, den Frieden begehre ich; nichts weiter. Wem der Friede nicht genügt, dem genügst auch du nicht, denn du bist unser Friede, der aus beiden eines gemacht hat. Das ist mir not, das ist mir aber auch genug, dass ich mit dir versöhnt und eins werde und du mit mir. So soll es sein, wie die Engel sangen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden!“ 

Bernhard (+1153)