BÖSE

 

„Erzürne dich nicht über die Bösen. Laß also den Zorn fahren, sieh den Bösen an und sieh Gott an. Siehst du auf jenen, so siehst du einen vergänglichen Menschen. Was ist er? Wenn er auch so alt wäre wie Adam und alle Stärke hätte, so wird er doch sterben. Darnach siehe, was Gott von ihm denkt. Er hält nichts von ihm, ja vielmehr, er zürnt ihm und zieht das Schwert gegen ihn. Und siehe auch deine Lage an: heute oder morgen wirst du sterben, darnach hört alles Unglück auf; dazu ist Gott dir gnädig und hat sein Auge auf dich gerichtet. Wenn du es so ansiehst, hast du mehr Ursache, dich zu freuen als traurig zu sein, und mehr Ursache, jenen zu bedauern als unwillig über ihn zu sein. Natürlicherweise fängt unser Mitleid erst an, wenn der Dieb gehängt wird. Wenn wir aber daran dächten, schon ehe die Tyrannen untergehen, so würden wir sie gewisslich bedauern und uns nicht über sie erzürnen. Denn wie das Gras werden sie bald abgehauen. Sie haben nur kurze Zeit, laß sie stolz sein, sie sind doch wie Gras. Der heilige Geist hat Lust daran, sie mit dem Gras zu vergleichen, wie Jes. 40,6 geschrieben steht: alles Fleisch ist wie Gras, und Mt. 6,30 spricht vom Gras, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird. Aber solang es grünt und blüht, meinen wir, es werde ewig währen. Auch die Blumen sind schön, wenn sie wachsen; aber je mehr sie wachsen, je näher ist ihnen die Sense. Es ist ein herrliches Gleichnis: das Gras, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird. Wir können‘s (freilich) nicht so ansehen; denn es kann sein, dass es zehn Jahre dauert. Wenn du es mit deinen Augen ansiehst, sagt der Psalm, dann sieht es aus wie Stahl und Stein. Sieh es aber so an, wie Gott es sieht, so musst du denken: es wird zerflattern. Es sind geistliche Worte, die die Vernunft nicht fassen kann. Denn vor der Welt siehts anders aus. Sie werden bald abgehauen und bald verwelken. Es ist oft ein lange währendes Bald, aber vor Gott sind sie schon abgehauen.“ (Martin Luther)

 

„Nun könnt ihr sagen: Schlechte Menschen haben es sehr gut, sie kriegen ihren Willen mehr als andere Leute. Salomon sagt: Der böse Mensch soll nicht sagen: Was schadet es mir, dass ich Übles täte, wenn es mir doch nicht weh täte? Oder: Wer täte mir deshalb Übles? Eben das, dass du Übles tust, das ist ganz und gar dein Schaden und tut dir weh genug. Seid dessen gewiss bei der ewigen Wahrheit, dass es ein ebenso großer Zorn Gottes ist; er könnte dem Sünder nichts Schlimmeres antun, weder mit der Hölle noch mit irgend etwas, als er ihm damit antut, dass er es ihm gestattet oder über ihn verhängt, dass er sündig ist (…). Und gäbe ihm Gott das Weh der ganzen Welt, so könnte ihn Gott dennoch nicht mehr schlagen, als er damit geschlagen ist, dass er sündigt.“ (Meister Eckhart)

 

„Unbedacht redende Leute behaupten, glücklich seien alle, die lebten, wie es sie gelüste. Das ist freilich falsch. Denn Schlechtes zu begehren, ist selbst schon größtes Unglück.“ (Cicero)