HEIMAT

 

„Der Mensch hat einen Geist in sich, den diese Welt nicht befriedigt, der die Treber der Materie, die Dorn und Disteln am Wege mit Gram und Unwillen wiederkäut, und sich sehnet nach seiner Heimat. Auch hat er hier kein Bleiben und muss bald davon. So lässt es sich an den fünf Fingern abzählen, was ihm geholfen sein könne mit einer Weisheit, die bloß in der sichtbaren und materiellen Natur zu Hause ist. Sie kann ihm hier auf mancherlei Weise lieb und wert sein, nachdem sie mehr oder weniger Stückwerk ist; aber sie kann ihm nicht genügen. Wie könnte sie das, da es die körperliche Natur selbst nicht kann und sie ihn auf halbem Wege verlässt, und, wenn er weggetragen wird, auf seiner Studierstube zurückbleibt, wie sein Globus und seine Elektrisier-Maschine? Was ihm genügen soll, muss in ihm, seiner Natur, und unsterblich wie er sein; muss ihn, weil er hienieden einhergeht, über das Wesen und den Gang dieser körperlichen Natur und über ihre Gebrechen und Striemen weisen und trösten und ihn in dem Lande der Verlegenheit und der Unterwerfung in Wahrheit unverlegen und herrlich machen; und wenn er von dannen zieht, mit ihm ziehen durch Tod und Verwesung, und ihn wie ein Freund zur Heimat begleiten. Solch eine Weisheit wird freilich in keinem Buch gefunden, wird nicht um Geld gekauft, noch mit Halbherzigkeit zwischen Gott und dem Mammon.“ (Matthias Claudius)