ALLGEGENWART GOTTES

 

„Wo finde ich nun Gott? Jer. 23,23. Bei St. Jakob? Am Ende der Erden? Zum finstern Stern? Zu Jerusalem? Auf dem Berge Tabor? Antwort: Joh. 4,23. Im Geist und in der Wahrheit. Zu Fürsten und Herren muss man weit reisen, seine Not vorzubringen; aber Gott ist überall, er erfüllet Himmel und Erden, Jer. 23,24. ist allen Kreaturen näher, als sie ihnen selbst sein; ist in und außer allen, durch alle, Eph. 4,6. Alle Örter sind vor ihm ein einiger Ort, alle Zeiten eine Zeit, Ps. 139,7. Wenn einer am Tage im flachen Felde wandelt, so ist es licht um ihn, er sehe oder sei blind; also und näher ist Gott allen Kreaturen. Denn sie sind das Wasser, darüber Gott schwebet, der durchdringt alle Geister, wie pur, rein und lauter sie sein, Weish. 7,23. Gott ist uns allen gegenwärtig, aber wir sind ihm nicht alle gegenwärtig, das ist, wir befinden seine Gegenwart nicht, gleichwie ein Blinder das Tageslicht nicht siehet. Gott wendet sich nicht von uns, wir aber wenden uns von ihm, dadurch fallen wir in Blindheit…“ (Johann Arndt)

 

„Unser Geist ist nur alsdann wachend anzusehen, wenn er sich Gottes bewusst, ihn denkt und empfindet, und die Allgegenwart Gottes in und um sich erkennt, wie die Seele eines Wachenden ihre Herrschaft über den Leib und der Leib die Eindrücke eines geistigen Willens ausdrückt. Ein Mensch, der in Gott lebt, wird sich daher zu einem natürlichen Menschen verhalten, wie ein wachender – zu einem schnarchenden im tiefen Schlaf – zu einem Träumenden – zu einem Mondsüchtigen.“ (Johann Georg Hamann)

 

„Die Allgegenwart Gottes ist diejenige Eigenschaft, nach welcher Gott alles und jedes im Universum durchdringt und erfüllt, und zwar sowohl nach Wesen wie auch nach Wirken, ohne jedoch irgendwo, auch nicht durch das ganze Universum, eingeschlossen zu sein.“ (Adolf Hoenecke)

 

„Die Schrift aber lehrt uns, dass Gottes rechte Hand nicht sei ein sonderlicher Ort, da ein Leib solle oder möge sein, als auf einem güldenen Stuhl; sondern sei die allmächtige Gewalt Gottes, welche zugleich nirgend sein kann, und doch an allen Orten sein muss. Nirgend kann sie an einigem Ort sein (spreche ich); denn wo sie irgend an etlichem Ort wäre, müsste sie daselbst begreiflich und beschlossen sein, wie alle dasjenige, so an Einem Ort ist, muss an demselbigen Ort beschlossen und abgemessen sein, also dass es dieweil an keinem andern Ort sein kann. Die göttliche Gewalt aber mag und kann nicht also beschlossen und abgemessen sein. Denn sie ist unbegreiflich und unmesslich, außer und über alles, das da ist und sein kann. Wiederum muss sie an allen Orten wesentlich und gegenwärtig sein, auch in dem geringsten Baumblatt. Ursach ist die: denn Gott ist's, der alle Dinge schafft, wirkt und erhält, durch seine allmächtige Gewalt und rechte Hand, wie unser Glaube bekennt; denn er schickt keine Amtleute oder Engel aus, wenn er etwas schafft oder erhält, sondern solches alles ist seiner göttlichen Gewalt selbst eigen Werk. Soll er's aber schaffen und erhalten, so muss er daselbst sein, und seine Kreatur so wohl im Allerinnwendigsten als im Allerauswendigsten machen und erhalten. Darum muss er ja in einer jeglichen Kreatur in ihrem Allerinwendigsten, Auswendigsten, um und um, durch und durch, unten und oben, vorn und hinten selbst da sein, dass nichts Gegenwärtigers noch Innerlichers sein kann in allen Kreaturen, denn Gott selbst mit seiner Gewalt. Denn er ist's, der die Haut macht; er ist's, der auch die Gebeine macht; er ist's, der die Haar auf der Haut macht; er ist's auch, der das Mark in den Gebeinen macht; er ist's, der ein jeglich Stücklein am Haar macht; er ist's, der ein jeglich Stücklein am Mark macht; er muss ja alles machen, beide, Stücke und Ganzes: so muss ja seine Hand da sein, die es mache, das kann nicht fehlen.“ (Martin Luther)