„Hier ist wohl zu merken, dass diese drei Dinge, der Glaube, Christus und (Gottes) Annehmen oder Zurechnen (der Gerechtigkeit Christi) zusammen gehören. Der Glaube ergreift Christum und hat ihn gegenwärtig und hält ihn eingeschlossen, wie ein Ring einen Edelstein umfasst, und ein jeglicher, der erfunden wird, dass er Christum mit dieser Zuversicht im Herzen ergriffen habe, den rechnet Gott für gerecht. Dies ist die Weise und das Verdienst, dadurch wir zur Vergebung der Sünden und zur Gerechtigkeit gelangen. Weil du an mich glaubst, sagt Gott, und dein Glaube Christum ergreift, den ich dir geschenkt habe, damit er dein Mittler und Hoherpriester wäre, darum sollst du gerecht sein. Also Gott nimmt uns an oder rechnet uns für gerecht allein wegen des Glaubens an Christum etc., und dieses Annehmen oder Zurechnen ist sehr notwendig, erstens, weil wir noch nicht vollkommen gerecht sind, sondern uns in diesem Leben noch die Sünde im Fleische anhängt. Diese Sünde, welche im Fleische noch übrig ist, fegt Gott in uns aus. Zum andern werden wir bisweilen auch vom Heiligen Geiste verlassen, und fallen in Sünden, wie Petrus, David und andere Heilige. Doch haben wir immer wieder einen Zugang zu diesem Artikel, dass uns unsere Sünden bedeckt sind, und dass Gott sie uns nicht zurechnen wolle, Ps. 32,1.2. Röm. 4,7., nicht, dass keine Sünde mehr da sei (…), vielmehr, die Sünde ist wahrhaftig da, und die Gottseligen fühlen sie, aber sie ist verborgen und wird uns von Gott um Christi willen nicht zugerechnet; weil wir ihn im Glauben ergreifen, müssen alle Sünden nicht Sünden sein. Wo aber Christus und der Glaube nicht ist, da ist keine Vergebung der Sünden, kein Bedecken derselben, sondern nur Zurechnung und Verdammnis der Sünden.“ (Martin Luther)
„Die Rechtfertigung ist ein richterlicher Akt Gottes, da er den sündigen und daher der ewigen Strafe verfallenen Menschen ohne irgendein Verdienst desselben aus Gnaden und um Christi willen für gerecht erklärt.“ (Adolf Hoenecke)
„Die Rechtfertigung ist das Werk Gottes, durch welches er den Sünder, welcher an Christum glaubt, aus bloßer Gnade oder umsonst von den Sünden freispricht, demselben Vergebung der Sünden schenkt, und die Gerechtigkeit Christi ihm so zurechnet, dass er völlig versöhnt und, in die Kindschaft aufgenommen, von der Schuld und Strafe der Sünde befreit ist, und die ewige Seligkeit erlangt.“ (Leonhard Hutter)
„Gott stellet den bußfertigen Menschen vor sein Gericht und nachdem er ihn der Sünde überwiesen und der Strafe schuldig erkannt, rechtfertigt er ihn und vergibt ihm die Sünde aus Gnaden, weil er mit Glauben des Herrn Christi Verdienst hat angenommen, der für der Sünden Schuld und verdiente Strafe der göttlichen Gerechtigkeit hat genug getan.“ (Nikolaus Hunnius)
„Diejenigen, die Gott wirksam beruft, die rechtfertigt er auch aus Gnaden, nicht indem er sie mit Gerechtigkeit erfüllt, sondern dadurch, dass er ihre Sünden vergibt und ihre Personen als gerecht erachtet und sie annimmt, nicht wegen irgend etwas, was in ihnen bewirkt oder von ihnen getan worden ist, sondern um Christi willen allein. Weder der Glaube selbst, nämlich der Glaubensakt, noch irgendein anderer evangelischer Gehorsam (wie die Umkehr zu Christus), wird ihnen als Gerechtigkeit angerechnet. Vielmehr erfolgt die Rechtfertigung dadurch, dass ihnen die Gerechtigkeit und die Sühne Christi angerechnet wird, wobei sie sich auf ihn und seine Gerechtigkeit verlassen und diese durch den Glauben empfangen; solch einen Glauben haben sie jedoch nicht aus sich selbst – er ist ein Geschenk Gottes.“ (Westminster Bekenntnis)
„Die Wirkung des Glaubens ist die Rechtfertigung; darunter versteht man denjenigen Akt Gottes, durch welchen er das Strafurteil, welches über den Menschen um seiner Sünden willen verhängt ist, aufhebt, ihn also von seiner Schuld los und ihm das Verdienst Christi zuspricht (…). Dieser Akt tritt ein in dem Momente, in welchem der Mensch im Glauben das Verdienst Christi ergreift und kann mit Recht als actus forensis s. judicialis bezeichnet werden, weil Gott da, gleichsam wie im bürgerlichen Gericht, ein Urteil über den Menschen ausspricht, das diesem eine ganz andere Stellung, als er bisher hatte und ganz andere Rechte zuweist. Mit der Rechtfertigung wird aber in keiner Weise ein sittlicher Zustand, der sich in dem Menschen vorfindet, oder eine sittliche Umwandlung, welche mit ihm vorgegangen ist, beschrieben, sondern nur ein über den Menschen ausgesprochenes Urteil, durch welches sein Verhältnis zu Gott umgestaltet wird, und zwar in der Art, dass der Mensch sich jetzt als solchen betrachten kann, dessen Sünden getilgt sind, der sich um ihrerwillen nicht mehr vor Gott zu verantworten hat, der vielmehr vor Gott angenehm und als ein Gerechter erscheint, an dem Gott nichts mehr zu strafen, über den er nicht mehr zu zürnen Ursache hat. (…) Gott sieht von dem Momente an, in welchem bei dem Menschen der Glaube eintritt, alles das, was Christus geleistet hat, an, als hätte er, der Mensch es getan, und spricht so das Verdienst Christi dem Menschen zu, als wäre es dessen eigenes Verdienst. – Daraus ist zugleich ersichtlich, was wir als den Grund zu bezeichnen haben, auf welchem unsere Rechtfertigung ruht, und welches das Mittel ist, durch welches wir zu dieser Rechtfertigung gelangen können. Der Grund liegt allein in dem Verdienste Christi, denn dadurch sind unsere Sünden getilgt, und ist es Gott möglich geworden, uns wieder zu Gnaden anzunehmen. Das Mittel aber, durch welches wir zur Rechtfertigung gelangen, ist der Glaube.“ (Heinrich Schmid)