„Die Sünde ist die Abweichung vom Gesetz Gottes.“ (Adolf Hoenecke)
„Was ist und heißt Sünde vor Gott? Alles, was wider Gottes Gesetz oder die Zehn Gebote ist, nicht allein was im Werk und mit der Tat, äußerlich und innerlich dawider geschieht, sondern auch was in unserer Natur dem Gesetze ungemäß und zuwider ist. Röm. 3 und 7.“ (Martin Chemnitz)
„Unter Sünde verstehen wir aber jene angeborene Verderbtheit des Menschen, die von unseren Voreltern auf uns alle übertragen und fortgepflanzt wurde. Durch sie sind wir versunken in verkehrte Begierden, abgewandt vom Guten, aber geneigt zu allem Bösen, erfüllt mit aller Schlechtigkeit, Misstrauen, Verachtung und Hass gegen Gott und können aus uns selbst nichts Gutes tun, ja nicht einmal denken. Indem wir uns also jahraus jahrein ständig mit bösen Gedanken, Worten und Werken gegen Gottes Gesetz versündigen, bringen wir schlechte Früchte hervor, wie es ein schlechter Baum nicht anders kann (Mt. 12,33ff.). Aus diesem Grunde sind wir ganz nach unserem Verdienst dem Zorne Gottes verfallen und werden gerechten Strafen unterworfen; so wären wir auch alle von Gott verstoßen, wenn uns nicht der Erlöser Christus wieder hergestellt hätte. Unter Tod verstehen wir nicht nur den leiblichen Tod, den wir alle einmal um der Sünden willen erleiden müssen, sondern auch die ewigen Strafen, die uns für unsere Sünden und unsere Verdorbenheit gebühren.“ (Heinrich Bullinger)
„Wenn man sagt, die menschliche Natur kenne und wolle das Gute im allgemeinen und aufs Ganze gesehen, aber im Einzelfalle irre sie und wolle das Gute nicht, so müsste man besser so sagen, dass sie im Einzelfalle das Gute kennt und will, aber im allgemeinen kennt und will sie’s nicht. Der Grund dafür ist der: sie kennt nur ihr eigenes Gute, d.h. was ihr als gut, ehrenhaft und nützlich gilt, nicht aber, was für Gott und die anderen gut ist. Und so kennt und will sie das Gute im besonderen, ja nur für sich allein. Das stimmt mit der Schrift überein (vgl. Jes. 2,9-22), die den Menschen als einen beschreibt, der so sehr in sich verkrümmt ist, dass er nicht nur die leiblichen, sondern auch die geistlichen Güter auf sich verdreht und sich in allem sucht.“ (Martin Luther)
„Je klarer, unverhüllter, unverhohlener, die innere Nichtübereinstimmung von Gott und Mensch erkannt wird, um so angemessener und innerlicher wird die Übereinstimmung der Seele mit Gott sein, die da entsteht und zu der man gelangt. Luzifer hat seine Ungleichheit mit Gott nicht erkannt, als er ihm gleich werden wollte; darum ist er in eine unaussprechliche Gottesferne gestürzt, hat jegliche Gottesnähe verloren und jede Hoffnung, sie jemals wieder zu erlangen. Die lieben, edlen Engel aber wandten ihren Blick auf ihre Ungleichheit (gegenüber Gott) und gelangten so zu einem unaussprechlichen Einklang mit ihm.“ (Johannes Tauler)
„Die Erbsünde begreift wesentlich in sich als negative Seite den Mangel der ursprünglichen Gerechtigkeit und als positive Seite die böse Begierde oder die Neigung zu allem Bösen.“ (Adolf Hoenecke)
„Die Erbsünde ist die natürliche und allen Menschen angeborene Krankheit, Seuche, und Gebrechen, welches nicht nur bewirkt, dass wir ohne Furcht und Vertrauen gegen Gott, und durch die böse Lust ganz verderbt sind: sondern uns auch der ewigen Verdammnis schuldig macht, wenn nicht die Wiedergeburt dazwischen kommt.“ (Leonhard Hutter)
„Die Erbsünde ist, wie droben gemeldet, eine tiefe Verderbung, dadurch die menschliche Natur an Leib, an Seele und an allen Kräften ganz und gar, durch und durch, zu Grunde verkehret und verderbet ist, also dass vor Gott, sonderlich in geistlichen Sachen, nichts Gutes im Fleische wohne, Röm. 7, sondern alles Dichten und Trachten des menschlichen Herzens von Natur nur böse sei, Gen. 6 und 8. Und wie tief, greulich und schwer der Erbschade sei, weiß und kennet keine Vernunft nicht, sondern es muss aus der Schrift Offenbarung gelernet und geglaubet werden. Denn des Menschen Herz ist so böse und verderbt, dass es unerforschlich ist, Jerem. 17, und ist der Erbschade so groß, dass er allein durch des H. Geistes Wiedergeburt und Erneuerung kann geheilet werden, welches doch in diesem Leben nur angefangen, aber allererst in jenem Leben vollkommen sein wird.“ (Martin Chemnitz)
„Das Gesetz Gottes, bekennen wir, ist durchaus gerecht, gut, heilig und vollkommen, indem es solche Dinge befiehlt, die, vollkommen erfüllt, im Stande wären, das Leben zu geben und den Menschen ewig selig zu machen. Aber unsre Natur ist so verderbt, so schwach und unvollkommen, dass wir niemals im Stande sind, die Werke des Gesetzes vollkommen zu erfüllen, ja, wenn wir sagen, wir haben keine Sünde (auch nachdem wir wiedergeboren sind), so betrügen wir uns selbst und die Wahrheit Gottes ist nicht in uns. Und darum ist es nötig, dass wir Jesum Christum ergreifen mit seiner Gerechtigkeit und Genugtuung, welcher das Ende und die Erfüllung des Gesetzes ist für alle, die da glauben…“ (John Knox)
„Der Sündenfall oder die erste Sünde im menschlichen Geschlecht ist die Übertretung des ersten Menschen, in welcher er vom Satan verführt und seinen freien Willen missbrauchend das paradiesische Gesetz übertrat und damit auf alle Menschen Tod und Verderben gebracht hat.“ (Adolf Hoenecke)
„Der Fall Adams ist der Ungehorsam wider Gott, dadurch sich der Mensch von Gott abgewendet hat zu ihm selbst, und Gott die Ehre geraubet, indem er selbst Gott sein wollen; dadurch er des heiligen Bildes Gottes beraubet, nämlich der vollkommenen Erbgerechtigkeit und Heiligkeit. Im Verstande verblendet, im Willen ungehorsam und Gott widerspenstig, in allen Kräften des Herzens verkehret, und Gottes Feind worden, welcher Gräuel auf alle Menschen durch fleischliche Geburt fortgepflanzet und geerbet wird, dadurch der Mensch geistlich tot und gestorben, ein Kind des Zorns und der Verdammnis ist, wenn er nicht durch Christum erlöset wird.“ (Johann Arndt)
„Der Mensch ist von Anbeginn nach dem Bilde Gottes geschaffen, in seinem Verstande mit einer wahren und seligen Erkenntnis seines Schöpfers und anderer geistlicher Dinge geschmückt, in seinem Willen und Herzen mit Gerechtigkeit, in all seinen Neigungen mit Reinheit, und war demgemäß ganz heilig. Aber auf Anstiftung des Teufels und nach seinem freien Willen sich von Gott abwendend beraubte er sich selbst dieser vortrefflichen Gaben und holte dagegen an deren Stelle Blindheit, fürchterliche Finsternis, Eitelkeit und Verkehrtheit des Urteils in seinem Verstande, Bosheit, Widersetzlichkeit und Verhärtung in seinem Willen wie auch Unreinheit in all seinen Neigungen über sich. Wie der Mensch nun nach dem Fall beschaffen war, solche Kinder zeugte er auch, nämlich als ein Verderbter verderbte, also, dass die Verderbnis nach Gottes gerechtem Urteil von Adam auf alle seine Nachkommen (Christus allein ausgenommen) gekommen ist (…). So werden denn alle Menschen in Sünden empfangen und als Kinder des Zorns geboren, untüchtig zu allem seligmachenden Guten, geneigt zum Bösen, tot in Sünden und als Sklaven der Sünde. Sie wollen und können weder zu Gott zurückkehren noch ihre verderbte Natur bessern oder sich zu deren Besserung bereit finden ohne die Gnade des wiedergebärenden Heiligen Geistes.“ (Lehrregel von Dordrecht)
„Der Eigenwille gleicht einem giftigen und tödlichen Kraut, dessen Genuss der erfahrenste Arzt schon den ersten Menschen im Paradies verbot. Doch wollten sie seiner Vorschrift nicht gehorchen. Und da sie gegessen, wurden sie aussätzig und zeugten aussätzige Kinder. Obwohl diese nun wissen, dass ihre Eltern durch jenes Kraut krank wurden und starben, so lieben sie es doch vor allen und würzen alle ihre Speisen damit.“
Anselm (+1109)
„Die selige und heilige Dreieinigkeit, Vater, Sohn und Geist, schuf die menschliche Seele nach ihrem Bilde und Gleichnis, da sie ihr Gedächtnis, Vernunft und Willen und damit Macht, Weisheit und Reinheit gab. Allein von dieser höchsten und herrlichsten Dreiheit fiel die Seele in eine entgegengesetzte und hässliche: in Schwäche, Blindheit und Getrübtheit. Denn das Gedächtnis ward ohnmächtig, die Vernunft finster, der Wille unrein. Das Gedächtnis im Besondern, gleichsam auf Felsen herabstürzend, zerspaltete sich wiederum in die Dreiheit von leidenschaftlichen, beschwerlichen und müßigen Gedanken. Auch der Fall der Vernunft war ein dreifacher. Sie sollte unterscheiden zwischen gut und böse, Wahrheit und Irrtum, Vorteil und Schaden. In diesem Geschäft aber ist sie so erblindet, dass sie oft Böses für Gutes, Irrtum für Wahrheit, Schaden für Vorteil ansieht. Auch der Wille endlich, der mit dem höchsten Gute vereint und verbunden bleiben sollte, ging vermittelst der Augenlust, der Fleischeslust und des hoffärtigen Wesens ganz in die Liebe der Welt und des Irdischen ein.“
Bernhard (+1153)
„Der Mensch war ursprünglich frei geschaffen, aber, nachdem die Sünde gekommen ist, hat sich sein Zustand sehr verändert. Die Seele, welche nach eigner Bestimmung fiel, kann sich nicht wieder von selbst erheben und will sich nicht wieder erheben, weil sie in eitle Liebe versunken ist. Sie kann die Sünde nicht lassen und kann sich doch auch ihretwegen nicht entschuldigen. So herrscht nun hier ein Zwang, der sich stets selber macht, eine Gewalt, die drückend schmeichelt und schmeichelnd drückt, eine Last, die als Lust gilt. Der Mensch erduldet eine Knechtschaft, die um so schmählicher erscheinen muss, je mehr er selber ihr beständiger Urheber ist.“
Bernhard (+1153)
„Ich kenne jemand, der lange Jahre vertraut mit dir gelebt hat, der von deinem Tische gegessen, Speise aus deiner Hand empfangen, an deinem Busen geschlafen, so oft er wollte, mit dir gesprochen hat; dem Rechte nach ist er dein Knecht. Aber weil du ihn von Jugend an so zärtlich gehalten und mit der Rute verschont hast, ist er widerspenstig geworden und dir über den Kopf gewachsen, hat dich zum Knecht und sich zum grausamen Gebieter gemacht. Doch, wirst du sprechen, wen meinst du? Deinen alten Menschen meine ich, der deinen Geist mit Füßen tritt, allein an irdischen Dingen Lust findet und nichts nach dem Himmel fragt. Dieser Mensch ist von Jugend an blind, taub und stumm, ergraut in der Bosheit, der Tugend und Wahrheit widerstrebend, ein Feind des Kreuzes Christi. Er lacht über Unschuld und einfache Sitte, scheut sich vor niemand, erhebt sich hochmütig, spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott! Er nährt sich von unreinen Gedanken, verprasst sein Eigentum wie der Verschwender, reißt fremdes an sich wie der Geizhals. Er ist ganz in Sünden geboren und erwachsen, ein Freund der Ungerechtigkeit, ein Kind des Todes, ein Gefäß des Verderbens. Was meinst du nun dazu? Wärest du klug, so sprächest du mit mir: Er ist des Todes schuldig…“
Meditationes (Augustini)
„Entblödest du dich nicht, o Mensch, das Haupt nach oben zu richten, da doch dein Herz auf Erden kriecht? Gedenke deines Adels und schäme dich deiner Verworfenheit! Einstmals warst du mit Ruhm und Ehre gekrönt, über alle Werke Gottes gestellt, ein Bewohner des Paradieses, ein Mitbürger der Engel und ein Genosse des Herrn Zebaoth. Und wo bist du nun hingeraten? In das Land der Trübsal, da Arbeit, Schmerz und Seelennot herrscht; du bist dem Abgrunde der Hölle nahe gekommen. Aber es geht dir wie einem Knaben, der im Kerker geboren und erzogen ist und, weil er das Licht nie gesehen hat, sich über die Angst und Traurigkeit seiner Mutter verwundert. Sie weiß wohl, warum sie trauert; weil sie das Gute kennt, ist ihr das Böse bitter und drückend. Dir scheinen geringe Übel sogar große Güter zu sein und, weil du an starke Fesseln gewöhnt bist, hältst du kleinere Ketten noch für Werkzeuge des Spieles. O Mensch, hast du die Scham so verloren, die sich für eine edle Kreatur gebührt, bist du gegen den Schmerz gefühllos geworden, so verliere nur nicht auch die Furcht noch und werde nicht unvernünftiger als die Tiere. Man belädt den Esel und quält ihn mit vieler Arbeit; es kümmert ihn nicht. Aber willst du ihn ins Feuer treiben, willst du ihn in eine Grube stoßen, so widerstrebt er aus allen Kräften, denn er liebt das Leben und fürchtet den Tod. So fürchte dich nun, o Mensch, vor dem Gerichte dessen, in dessen Hände zu fallen erschrecklich ist.“
Bernhard (+1153)